Lessing, Gotthold Ephraim
Als Kind streng gläubiger Eltern kam Gotthold Ephraim Lessing am 22. Januar 1729 in Kamenz inmitten der literarischen Aufklärung zur Welt. Lessing erhielt Hausunterricht, besuchte dann die Schule und das Sächsische Landesgymnasium in Meißen. Der vom Vater bestimmte Lebensweg sah danach ein Theologiestudium vor, was Lessing auch begann, aber später in die Medizin wechselte. In jenen Jahren (1752 – 1758) machte der junge Lessing die Bekanntschaft vieler namhafter Philosophen, Literaten und Wissenschaftler.
Ab 1770 war Lessing als Bibliothekar in Wolfenbüttel tätig und konnte sich unzählige Werke aneignen. Außerdem heiratete Lessing 1776 und wurde ein Jahr später Vater.
Lessing verfasste seine Werke nicht während einzelner Schaffensperioden, sondern vielmehr über sein gesamtes Leben verteilt. Dabei zeigte er sich den neuen Ideen der Aufklärung gegenüber sehr offen. Neben Fabeln (1759 – 1772) und Gedichten (1751 – 1771) verfasste er vor allem zahlreiche Dramen (»Emilia Galotti«, »Minna von Barnhelm«, »Nathan der Weise«). Zu seinen bedeutenden anderen Werken zählen Schriften philosophischer Natur (»Die Erziehung des Menschengeschlechts«, »Die Religion Christi«) sowie immer wieder fiktive Briefe (»Das Theater des Herrn Diderot«, »Briefe, die neueste Literatur betreffend«). Lessing erlag am 15. Februar 1781 in Braunschweig einer schweren Krankheit.
Nathan der Weise
Dramatisches Gedicht
Gotthold Ephraim Lessings Nathan der Weise (1779 erschienen und 1783 uraufgeführt) ist eines der zentralen Werke der deutschen Aufklärung. Der Text, der sich mit seiner Bezeichnung als "dramatisches Gedicht" der Festlegung auf eine der dramatischen Gattungen entzieht, trug wesentlich dazu bei, den Blankvers als den klassischen deutschen Dramenvers zu etablieren. Mit seinem Nathan reagierte Lessing auf die religiöse Orthodoxie und Intoleranz seiner Zeit. Ort der Handlung ist Jerusalem während der Kreuzzüge – eine Stadt, in der Christentum, Islam und Judentum direkt aufeinandertreffen. Höhepunkt des Stücks, in dem es um eine moral- und geschichtsphilosophische Botschaft, um die Aufforderung zu Toleranz und Humanität geht, ist die berühmte Ringparabel, die der reiche jüdische Kaufmann Nathan erzählt: Sie soll die hintergründige Frage des Sultans Saladin beantworten, welche der drei Religionen die wahre sei. Nathans Antwort ist die Forderung nach einem gleichberechtigten Nebeneinander aller Religionen.