Hesse, Hermann
Hermann Hesse ist auch heute noch der Klassiker, mit dem für viele Leser die Entdeckung der Weltliteratur beginnt. Gunnar Decker legt nun eine neue, umfassende Biographie vor. Sie stellt Hesse als einen Menschen vor, der mit Krisen und Selbstzweifeln zu kämpfen hatte und ein Leben lang Einzelgänger war. Diese Erfahrungen haben in seinen Romanen tiefe Spuren hinterlassen, aber seine Werke handeln auch immer vom Neuanfang, vom Versprechen eines gelungenen Lebens. Decker belegt überzeugend, wie bei Hesse Leben und Schreiben untrennbar verknüpft sind. Mit dieser Biographie ist Hesse in der Gegenwart angekommen: als ein visionärer Verteidiger des Geistes im Zeitalter der Massenkultur.
Der Steppenwolf
Erzählung
Harry Haller, der Protagonist des Romans leidet an einer starken inneren Zerrissenheit. Einerseits sieht er in sich den kleinbürgerlichen Menschen, andererseits hegt er einen tiefen Hass gegen alles Bürgerliche. Diese „wilde“ Seite seiner Persönlichkeit wird unter der Metapher des Steppenwolfes geschildert. Mit 48 Jahren mietet ein Zimmer in einem bürgerlichen Dreifamilienhaus. Der einsame Mann stört nicht, sucht aber auch keinen Kontakt mit der Vermieterin oder ihrem Neffen. Ohne sich zu verabschieden verschwindet Harry Haller nach einiger Zeit plötzlich wieder aus der Stadt. Dem Neffen der Vermieterin hinterlässt er seine gesamten Aufzeichnungen, der veröffentlicht diese. Nach einem kurzen Vorwort des Neffen, beginnen Harry Hallers Aufzeichnungen mit der Anmerkung „ Nur für Verrückte“.
Kontinuierlich verlor Harry Ansehen und Vermögen. Seine geisteskrank gewordene Frau warf ihn aus dem gemeinsamen Haus, und für einige Zeit fand er sich mit seinem einsamen Leben ab. Langsam aber sicher sah er auch darin keinen Sinn mehr. Selbst seine Geliebte Erika besuchte ihn nur selten. Um sich nicht mehr mit dem Sinn des Lebens beschäftigen zu müssen, trank er fast jeden Abend in einer Kneipe einige über seinen Durst. Nach einem solchen Abend begegnete er einem Mann, der für eine "anarchistische Abendunterhaltung im magisches Theater" warb und ihm ein Jahrmarktheft in die Hand drückte. Der Titel lautete: "Tractat vom Steppenwolf. Nur für Verrückte." Diesen Text fügte Harry seinen Aufzeichnungen hinzu.
In dem Büchlein geht um einen Mann namens Harry, dessen Bedürfnis nach Einsamkeit und Unabhängigkeit stark ausgeprägt ist. Er leidet an dem Zwiespalt seiner Doppelnatur. Doch das er „nur“ aus zwei Wesen (Mensch und Wolf) besteht, ist nach dem Tractat eine Fehlinterpretation. Denn jeder Mensch besteht aus tausenden von Seelen. Harry gehört dem Büchlein nach zu der Gruppe der Selbstmörder, was jedoch nicht bedeutet, dass er sich umbringt. Mit 47 Jahren beschloss er sich an seinem 50. Geburtstag umzubringen. Das Tractat endet mit einer Verabschiedung von Harry Haller, dem Steppenwolf. Sein letzter Versuch sich weiterhin in das bürgerliche Leben zu integrieren, indem er bei einem Professor, den Harry in einigen intensiven Gesprächen besser kennen gelernt hat, endet in einer bitteren Enttäuschung und Kränkung der Gastgeber .Auf dem Heimweg kehrt er ein. "Zum Schwarzen Adler" heißt das Tanzlokal. Dort trifft er die hübsche Prostituierte Hermine, die ihn an seinen Jugendfreund Hermann erinnert. Sie redet ihm seine Selbstmordabsichten aus. Von dem ungebildeten Mädchen fühlt er sich verstanden. Bereitwillig folgt er Hermines Anweisungen und lässt sich von ihr sogar überreden, ein Grammophon zu kaufen und tanzen zu lernen. Sie bittet Maria, eine jüngere lesbische Freundin, die wie sie von der Prostitution lebt, Harry Haller in ihre erotischen Künste einzuweihen. Maria und Hermine sind mit dem Saxophonspieler Pablo befreundet.
Allmählich sieht Harry Haller sich in einem anderen Licht. Nachdem er das Tanzen gelernt hat, fordert Hermine ihn auf, zu einem Maskenball zu kommen. Als er sie dort nicht entdeckt und um 1 Uhr nachts enttäuscht gehen will, steckt ihm jemand an der Garderobe einen Zettel zu: "Heut Nacht von vier Uhr an magisches Theater – nur für Verrückte – Eintritt kostet den Verstand. Nicht für jedermann. Hermine ist in der Hölle." Nach einigen Stunden in einem als Hölle dekorierten Keller, lädt Pablo Harry und Hermine in sein magisches Theater ein. Nach dem Konsum von Drogen verspricht Pablo, dass man hinter jeder Logentür des Theater das findet was man gerade sucht. Aber davor muss man lernen über sich selbst zu lachen. Hinter der ersten Tür klettert Harry Haller mit seinem früheren Schulfreund Gustav auf einen Baum. Von dort aus schießen sie auf vorbeifahrende Autos und töten die Chauffeure. In anderen Räumen erhält Harry Haller eine "Anleitung zum Aufbau der Persönlichkeit", beobachtet die Dressur eines Wolfes durch einen Mann und anschließend, wie sich der Dompteur dem Tier unterwirft. "Alle Mädchen sind dein", verspricht die Aufschrift an der nächsten Tür. Hier erwidern Rosa, Irmgard, Anna, Ida, Emma – all die Mädchen, in die sich Harry Haller jemals verliebte – seine Gefühle. Vergeblich fordert Wolfgang Amadeus Mozart ihn auf, das magische Theater als Schule des Humors aufzufassen. Als Harry Haller eine weitere Türe öffnet, liegen Pablo und Hermine nackt auf einem Teppich. Er entdeckt einen Knutschfleck und rammt Hermine ein Messer in den Brustkorb. Sie schaut ihn einen Augenblick lang an, dann stirbt sie. Mozart schaltet einen Radioapparat ein. Hinter dem Gekrächze erkennt Harry Haller die Struktur der göttlichen Musik, und Mozart erklärt ihm, das verhalte sich wie die Idee zur Erscheinung, die Ewigkeit zur Zeit oder das Göttliche zum Menschlichen. Am Ende stimmt Harry Haller seiner Hinrichtung zu, wird aber nur zu ewigem Leben, zwölfstündiger Verbannung aus dem magischen Theater und zum Ausgelachtwerden verurteilt. Doch es wird betont, dass es sich bei dem Urteil mehr um eine Heilung als um eine Hinrichtung handelt.
Siddharta
Belletristik
1922 veröffentlicht er "Siddhartha. Eine indische Dichtung", eine literarische Kritik an den missionarischen Ambitionen seiner Vorfahren. Die beiden jungen Männer Siddhartha und sein Freund Govinda treffen auf der Suche nach Erleuchtung den Buddha Gautama. Während Govinda beschließt, bei Gautama zu bleiben, um mit seiner Hilfe weiterzukommen, erkennt Siddhartha, dass es keine Lehre gibt, dass er Erleuchtung nur erlangen kann, indem er lebt und Erfahrung sammelt. Das tut er - er stürzt sich in ein Leben voll Sinnesfreuden und Luxus, bis ihm bewusst wird, dass er den falschen Weg geht. Er lässt sein genussreiches Leben hinter sich und trifft Govinda wieder. Schließlich führt seine Wanderung ihn mit seinem Sohn zusammen, den er nun glaubt, erziehen zu müssen. Dass "Erziehung" das falsche Mittel ist, sieht er zu spät.