Franz, Andreas-Rezension
Durant 04 Der Jäger
Die Frankfurter Kriminalkommissarin Julia Durant untersucht grausame Morde an jungen Frauen, die scheinbar nichts miteinander zu tun haben. Bis eine Astrologin sie auf eine heiße Spur bringt …
Die Stärke des Krimis ist zugleich seine Schwäche. Bis zur Auflösung des Falls am Ende der Geschichte tappt der der Leser mit der Kommissarin Durant im Dunkeln. Das macht die Lektüre spannend. Dann kommt nach über 500 Seiten der Moment der Auflösung. Überraschung. Aber auch Enttäuschung. Denn der Leser hat nicht dieses erhellende Krimi-Gefühl: "Na klar, nur diese Person konnte es gewesen sein! Jetzt verstehe ich!” Nein, es hätte auch jede andere Figur sein können. Das Motiv für die Serienmorde erschließt sich nämlich aus der Vergangenheit des Mörders, und über diese Vergangenheit klärt der Roman uns erst im Nachhinein, am Ende des Romans, auf. Sie hätte auch jeder anderen Figur angedichtet werden können. Die Mörder-Wahl des Autors war nicht zwingend genug, mehr oder weniger beliebig.
Dennoch ist die Geschichte gut erzählt, aber leider zu lang geraten. Es ist zwar schön, dass die Hauptfigur Durant lebendig – mit Stärken und Schwächen – geschildert wird. Das gelingt Franz, indem er Szenen aus dem Privatleben einspielt. Szenen der Einsamkeit. Durant allein zu Hause. Sie nimmt ein Bad. Einmal. Zweimal. Dreimal. Sie telefoniert mit dem Vater. Einmal. Zweimal. Dreimal. Und so weiter. Jeweils ein- oder zweimal hätte es auch getan. Ein- oder zweihundert Seiten weniger, und der Roman hätte vermutlich gewonnen. Und der Konsument hätte mehr für Qualität als für Quantität gezahlt.
Durant 07 Das Verlies
Ein Mann will ein Verbrechen vortäuschen und schießt auf sich selber. Zugegeben, dazu gehört Mut. Nicht unbedingt glaubhaft, aber möglich. Er »richtete die Mündung gegen sich selbst und drückte zweimal ab. Zwei Kugeln, bei denen er sich sicher war, dass sie nicht tödlich sein würden.« Auch noch gleich zweimal schießt er auf sich selber. Eine Kugel in den Bauch, die zweite in die Brust, fünf Zentimeter neben das Herz. Da muß man schon ein guter Schütze und ein noch besserer Anatom sein, um zu wissen, wo man treffen muß. Danach hat er zwar Schmerzen, macht aber seelenruhig weiter mit seinen Vorbereitungen: Pistole und Hülsen ordentlich drapieren, etwas von seinem Blut verteilen und dann noch ein Auto anzünden. Dann schleppt er sich noch zur Straße, wo er endlich bewusstlos zusammenbricht.
Auch, wenn diese Verhaltensweise des Täters später psychologisch begründet und versucht wird, sie glaubhafter zu machen, ist das für mich großer Schwachsinnn und eigentlich ein Grund dafür, das Buch zu verreißen. Daß ich dieses nicht tue, liegt hauptsächlich daran, dass der Autor hervorragend schreiben und vor allem Spannung erzeugen kann. Und daran, dass dies zwar ein entscheidender, aber der einzige wirklich relevante Kritikpunkt an Franz’ aktuellem Roman ist.
Die Beamten der Frankfurter Kriminalpolizei, die Franz ermitteln lässt, bekleckern sich zunächst wenig mit Ruhm und Ehre. Denn sein Team um Kommissarin Julia Durant scheint dieses Mal völlig neben sich zu stehen. Jeder geht mit einer unterschiedlichen, aber bereits vorgefassten Meinung an den Fall heran. Nach der Entdeckung des Verbrechens will man den Fall dann sofort abschließen, ohne eigentlich mehr zu wissen als zuvor.
In der ersten Hälfte kein Krimi, in dem ordentlich ermittelt wird, sondern einer, mit dem Andreas Franz bei seinen Lesern Emotionen erzeugt. Ein Ehepaar, das er aus dem Spielfilm »Der Feind in meinem Bett« entnommen hat. Der Ehemann ein brutaler Sadist, der seine Frau schlägt und vergewaltigt, wenn das Essen nicht pünktlich um sieben Uhr auf dem Tisch steht, nach außen hin aber den treusorgenden Ehemann spielt, der alles für seine Frau tut. Die wiederum kann sich nicht aus den Fängen ihres Mannes befreien, weil sie nicht weiß, wohin sie vor ihm fliehen soll.
Gabriele Lura ist diese geschundene Ehefrau und sie wirkt überhaupt nicht so, wie man das von einer Frau erwartet, deren Ehemann vermisst wird. Für die Polizei verständlich, nachdem sie erst ein wenig hinter die Kulissen geblickt hat. Rolf Lura ist ein erfolgreicher Besitzer eines Autohauses und mehrere Millionen schwer. Deshalb vermutet die Polizei zunächst eine Entführung, doch niemand meldet sich. Nur das Auto von Lura wird entdeckt. Man findet Blutspuren darin. Sollte die gepeinigte Ehefrau doch ihren verhassten Mann umgebracht haben. Das kann sich Julia Durant absolut nicht vorstellen, nachdem sie die sympathische Frau kennengelernt hat. Doch dieses Szenario wird immer wahrscheinlicher, nachdem man beobachtet, wie sich Gabriele Lura mit dem Freund und Anwalt ihres Mannes trifft. Und als beide plötzlich verschwinden, ist man ziemlich sicher, dass sich das Paar nach der Beseitigung des Tyrannen abgesetzt hat.
Doch dann kommt alles plötzlich ganz anders. Auch für den Leser eine völlig unerwartete Wendung. Bis zu dieser Stelle tappt der Leser zwar auch im Dunklen, doch ist er von da an mit allen Schritten des Verbrechers vertraut. Abschnittsweise begleitet er nun Ermittler und Täter.
Der Fall scheint klar im Polizeipräsidium Frankfurt. Doch Kommissarin Julia Durant bekommt Zweifel. Zweifel, die sie zunächst einmal ihren Kollegen verständlich machen muß. Und nun beginnt erst so richtig die Ermittlungsarbeit der Polizei.
»Das Verlies« ist ein Roman, der sich flüssig und flott herunterlesen lässt und in den man sich völlig vertiefen und mitfiebern kann. Nachdem Franz bereits in seinem kürzlich erschienenen »Tod eines Lehrers« das Thema »Gewalt gegen Frauen« angerissen hat, vertieft er es hier nochmals und stellt neben den Opfern auch die Hilflosigkeit der Täter gegenüber ihren Handlungen sehr gut dar. Doch wie so oft in Romanen wird wieder mal alles auf die verpfuschte Kindheit zurückgeführt.
Durant 08 Teuflische Versprechen
Maria ist gefangen in einer Prachtvilla, wo sie den Gästen der Hausherren auch die absonderlichsten Sexwünsche erfüllen muss. Ohne Pass, ohne Geld, ohne Zukunft sind sie und ihre unter falschen Versprechen in den Westen gelockt worden, denn in Moldawien, Rumänien und anderen ehemaligen Ostblockstaaten konnte das Leben außer Hunger und Kälte nichts bieten.
Doch Maria hat noch nicht aufgegeben. Auf einer Einkaufstour für exquisites Outfit flüchtet sie durch die Hintertür. In der Panik, ihren Wächtern wieder in die Hände zu fallen, läutet sie an eine Tür. Es ist die Praxis der Psychologin Verena Michel und diese nimmt sich der verzweifelten Sexsklavin sofort an und versteckt sie in ihrer Wohnung. Maria braucht jedoch mehr als nur einen Unterschlupf. Verena Michel bittet ihre Freundin, die Anwältin Rita Hendriks um Hilfe und diese wiederum versucht Unterstützung beim Enthüllungsjournalisten Dietmar Zaubel zu bekommen, der ihr nahe legt sich mit der Polizeiermittlerin Julia Durant kurz zu schließen. Doch diese feiert gerade ihren Geburtstag und ist nicht erreichbar.
Dennoch macht Julia Durant noch am selben Abend Bekanntschaft mit Hendriks und Zaubel, allerdings anders als sie dies wohl gewollt hätte. Zaubel wird auf einer Bank im Park erstochen aufgefunden und Rita Hendriks Leiche liegt gefoltert und erdrosselt in ihrem Wohnzimmer. Die Frankfurter Kommissarin stößt bei ihren Ermittlungen auf die Spur von Verena Michel und Maria, doch auch die Verbrecher, Angehörige eines global agierenden Menschenschmugglerrings sind den beiden auf den Fersen.
Durant muss die gefährdeten Frauen aus der Schusslinie bringen, gleichzeitig aber alle Kräfte des Polizeiapparates mobilisieren. Dabei ergibt sich die Schwierigkeit, dass zu viele Menschen aus diesem Dunstkreis von den Verbrechern geschmiert werden und diese immer einen Schritt voraus zu sein scheinen, ohne Angst vor Verfolgung durch die Justiz haben zu müssen. In einen Sumpf aus Erpressung, Schmiergeld, Mord und Sklaverei taucht Julia Durant mit ihrem Restteam ein, ohne große Chance gegen die mafiösen Machenschaften etwas ausrichten zu können.
Andreas Franz hat einen weiteren Krimi um die sympathische Kriminalisten Julia Durant im Knaur-Verlag auf den Markt gebracht und dabei ein heißes Eisen angefasst, angesichts der Schauermeldungen aus den Medien, bei denen kein Tag vergeht, an dem die Leserschaft nicht mit grausigen Informationen gefüttert wird.
Rund um seine Paradeermittlerin werkelt ein ebenso sympathisches, wie menschliches Team, samt und sonders geprägt durch persönliche Schicksale, die nur eine verbissene Beschäftigung mit der Materie zulassen. Und diese Materie hat es in sich, bietet von der ersten Seite an Spannung und lässt den Leser mit den Guten in diesem Krimi mitfiebern. Die Ohnmacht der Ermittler gegenüber den Machenschaften des organisierten Verbrechens bekommt der Leser hautnah mit und nicht nur ein Mal stellt man sich bei der Lektüre die Frage, wie viel Wahrheit der Autor aus der Frankfurter Szene aufgegriffen hat und ob dies tatsächlich nur die Spitze eines Eisberges ist.
Die Thematik der Ereignisse in diesem Buch lassen wohl keinen anderen Schluss zu, als den, zu dem auch Andreas Franz in seiner Geschichte kommt. Ein Ende der unmittelbaren Geschehnisse bietet sich dem Leser wenig überraschend an, aber die Tatsache, dass hier nur ein Nadelstich gegen das organisierte Imperium der Verbrecher geführt werden konnte, enttäuscht, wie im wahren Leben.
»Teuflische Versprechen« ist ein Kriminalroman, den man schon nach den ersten Seiten nicht mehr aus der Hand legen mag. Trotzdem die Geschehnisse in Frankfurt angesiedelt sind, ist der Roman alles andere als ein Regiokrimi, denn die Geschichte könnte genauso gut in Glasgow oder Marseille spielen. Die straffe Handlungsführung wird nur durch die menschlichen Sequenzen unterbrochen, wenn etwa Durants Vater, ein Pfarrer, sich mit der geflohenen jungen Frau unterhält. Diese Zwischenspiele zerstören die Spannung jedoch keineswegs, hier sind sie Mittel und Zweck, um dem Leser gelegentlich auch sympathische Lesemomente zu liefern.
Der flüssige Schreibstil von Andreas Franz und sein Vermögen die Handlung packend zu verdichten, machen die 559 Seiten zu einem kurzweiligen Leseabenteuer, dass man auf jeden Fall empfehlen kann.
Durant 09 Tödliches Lachen
Mike ist ein hochbegabter Jüngling mit einem begüterten Vater und von der Mutter im Stich gelassen. Das Mathematikgenie hat ob seiner besonderen Fähigkeiten allerdings keine gleichaltrigen Freunde, nur mit der zwei Jahre älteren Luise, die ähnlich intelligent ist, spinnt sich eine vorerst platonische Beziehung an. Der Herr Papa, der die Gespielinnen wechselt, wie andere die Socken, spendiert dem Knaben zum fünfzehnten Geburtstag eine Edelnutte, die allerdings beim Anblick der Genitalien des Beschenkten nur höhnisches Gelächter für diesen übrig hat. Und Luise, die ihre Zuneigung zu Mike offenbart, wird kurz darauf vergewaltigt und ermordet.
Grund genug, dass Mike, als er zum Manne gereift ist, zum Serienkiller mutiert, der Frauen, die sich über sein Gemächt lustig machen, kunstvoll tranchiert und damit für Hauptkommissarin Julia Durant eine perfide Schnitzeljagd inszeniert.
Dabei ist Frau Durant ohnehin nicht gerade gut drauf, denn ihr Lebensabschnittspartner hat sich eine Jüngere und Hübschere gefunden, bescheißt sie hinten und vorne und serviert sie schlussendlich nicht gerade formvollendet ab. Ein Seelentief jagt das nächste, aber darauf können Frau Hauptkommissar und ihr Team keine Rücksicht nehmen, denn der Killer muss in ihrer unmittelbaren Nähe sein, kennt jeden ihrer Schritte und ist ihnen immer um eine Nasenlänge voraus …
Serienkiller im Krimiformat sind meistens eine gute Option für Autoren, denn wenn ihnen nichts mehr einfällt, füllen sie die Seiten mit weiteren Mordtaten. Bei dem von mir sonst sehr geschätzten Andreas Franz muss man nach der Lektüre von »Tödliches Lachen« leider ebenfalls davon ausgehen, dass der neunte Band aus der Julia-Durant-Serie mehr Fließbandproduktion als Krimischöpfung darstellt.
Das Psychogramm vom hochtalentierten Jüngling zum fiesen Mainhatten-Ripper ist noch einigermaßen ordentlich und interessant gelungen, wenn auch nicht immer ganz schlüssig. Bluttat um Bluttat wird vom Autor immer blutrünstiger vor dem Leser ausgebreitet. Und ab der Mitte des 446-Seiten-Taschenbuches aus dem Knaur-Verlag ahnt der gewiefte Krimi-Leser bereits, hinter welcher Maske sich der Täter versteckt.
Die Hauptkommissarin Julia Durant und ihre Mitstreiter, allen voran ihr Freund Hellmer, haben mit den üblichen zwischenmenschlichen Beziehungen zu kämpfen, die man so oder besser alle schon mal in den acht Vorgängerbänden gelesen hat.
Schreiberisch kann man auch in Tödliches Lachen dem Autor die handwerkliche Kompetenz nicht absprechen. Franz versteht es meisterhaft, die Atmosphäre zu verdichten und dem Leser die grausigen Gänsehautsequenzen in flüssigem Schreibstil zu verabreichen. Auch der Spannungsaufbau lässt nicht zu wünschen übrig und trotz des von Anfang an bekannten Killers flacht die Story bis zum Showdown nirgendwo ab.
Dafür erscheint die ganze Geschichte aber zu umständlich konstruiert und ist auch in sich nicht immer logisch, was besonders auf die Auflösung zutrifft, die viel zu überraschend und an den Haaren herbeigezogen zum Ende führt und dabei einige Fragen offen lässt. Dabei fehlt der Einsatz gezielter Polizeiarbeit fast vollständig und der Erfolg resultiert nicht aus Routinearbeit, sondern wird komplett Kommissar Zufall überlassen, was letztendlich auch nicht befriedigen kann.
Wenn Andreas Franz in seinem Schlusssatz meint »der Blick zurück bringt dich nicht weiter, nur wer nach vorne schaut, kann das Ziel erkennen«, dann darf man hoffen, dass er dabei auch seinen zehnten Nachfolgekrimi um die sympathische Hauptkommissarin Julia Durant zielsicher und erfolgreich ins Auge gefasst hat, denn die Verlagsbeurteilung Tödliches Lachen als »Der Bestseller« zu präsentieren, kann bestenfalls ein traurigen Lächeln hervorrufen.
Durant 10 Das Todeskreuz
Corinna Sittler lebt sein zehn Jahren in einem hermetisch abgeriegelten Haus und arbeitet von dort aus für eine Rechtsanwaltskanzlei. Nur ihre Hausdame Alina Cornelius und ihre Tochter Leslie durften das Haus betreten. Und doch wird die Ex-Staatsanwältin ermordet und an diesem Morgen nur mit blauen Strümpfen bekleidet und mit einem blutigen Kreuz am Rücken in ihrem Schlafzimmer von der Tochter gefunden. In ihrem Mund findet sich ein Zettel mit der Aufschrift »Confiteor – Mea Culpa« – »Ich bekenne – meine Schuld«. Trotz modernster Sicherungsanlagen muss jemand Zutritt gehabt haben.
Julia Durant vom Frankfurter K11 gräbt in der Vergangenheit des Opfers und findet heraus, dass die Dame während ihrer Amtszeit als Staatsanwältin zwar in kleineren Fällen extrem hart durchgegriffen hat, bei den größeren Fischen allerdings kräftig abgesahnt hat. Und mit ihr verdrehten auch noch Richter und Rechtsanwälte das Recht zum persönlichen Vorteil.
Einer dieser Richter wird in Offenbach ermordet aufgefunden und hier ermittelt Kommissar Peter Brandt. Auch im Mund des Richters findet sich der Zettel mit identischer Beschriftung und so ist Brandt auf Grund der Parallelen gezwungen, sich mit dem K11 kurz zu schließen. Obwohl er eigentlich die Frankfurter nicht ausstehen kann.
Julia Durants bisheriger Partner Frank Hellmer ist aus persönlichen Gründen nicht abkömmlich und so beginnen Durant und Brandt ihre Recherchen und rollen parallel zu den Morden in Frankfurt und Offenbach, die Hintergründe der manipulierten Verfahren auf, denn es ist nur zu offensichtlich, dass hier jemand Rache übt für das, was vor zehn Jahren passiert ist und dieser Jemand scheint eine Todesliste abzuarbeiten . …
Der deutsche Erfolgsautor Andreas Franz hat im Knaur Taschenbuchverlag »Das Todeskreuz« veröffentlicht, den man nun als zehnten Band der Julia Durant-Reihe oder vierten Band der Peter-Brandt-Serie betrachten kann, denn in dieser Geschichte arbeiten die beiden Ermittler im Team.
Und zur Freude des Rezensenten arbeiten die Beiden diesmal in bester Polizeimanier und lassen die Schwächen der vorangegangen Bände in jeder Hinsicht vergessen. Julia Durant gewöhnt sich nicht nur das Rauchen ab, sie ist auch körperlich wieder voll auf dem Damm und lässt ihren wachen Geist so richtig arbeiten. Befragungen, Recherchen, Kombinationsgabe und die Sorge um ihren Freund und Kollegen Hellmer beherrschen ihr Tagesgeschehen.
Peter Brandt hat in seiner Beziehung mit der Gerichtsmedizinerin Andrea Sievers einen Todpunkt erreicht. Dafür kommt er diesmal der Staatsanwältin Elvira Klein, die er bislang nicht sonderlich leiden mochte, menschlich näher, denn auch deren Vater scheint in die Machenschaften rund um vertuschte Vergewaltigung und Doppelmord verwickelt zu sein und ist möglicherweise ein potentielles Opfer.
Grundlegend verzichtet Andreas Franz fast gänzlich auf die Schilderung von Brutalitäten, wenn man von wenigen dramaturgisch notwendigen Seiten absieht, und lässt auch bei der Lösung des Falles die Katze nicht zu schnell aus dem Sack, so dass die Spannung in »Das Todeskreuz« durchgängig erhalten bleibt. Die Verknüpfung der Morde von damals und heute ist absolut stimmig und die Ermittlungen des gesamten K11-Teams läuft erfreulich professionell ab und ist überhaupt nicht von Zufall geprägt, sondern ein gelungenes Konglomerat von Recherche und Riecher.
Wenn man diesen Roman liest, dann wünscht man sich, dass Durant und Brandt viel öfter zusammen arbeiten mögen, vor allem, wenn es in dieser sprachlichen Qualität passiert, bei der Herr Franz auch seine Übergriffe in den pseudopsychologischen Beamtenjargon wohltuend unterlässt. In diesem Buch sind die Abläufe und die Charakterisierungen wieder stimmig und die Weiterentwicklung der Personen ist erfreulich positiv gelungen, wobei man sich unter Anderem interessehalber fragt, ob Frau Durant sich das Rauchen aus persönlichen Motiven abgewöhnt oder dahinter doch ein EU-Nichtraucherdiktat steht. Das ist natürlich für die Geschichte völlig unerheblich, aber es ist so ein kleines Detail, dass die Protagonisten in diesem Buch sich wieder mit einem Blick nach vorne bewegen und ihr privates Umfeld aufmöbeln. Mit solchen liebevollen Detailschilderungen erarbeitet sich Andreas Franz zunehmend wieder Sympathiewerte für seine Romanfiguren.
Insgesamt darf man die 516 Seiten somit als gelungene Krimilektüre dem Leser wärmstens ans Herz legen und Andreas-Franz-Fans werden ohnehin aufjubeln.
--------------------------------------------------
»Alles, was das Kriminalistenherz begehrt«
Kaum hat sich die Frankfurter Kriminalhauptkommissarin Julia Durant entschlossen, ihr Bereitschaftswochenende gemütlich in ihrer frisch renovierten Wohnung zu beenden, als sie zu einem neuen Tatort gerufen wird.
Die Anwältin Corinna Sittler wurde ermordet zu Hause aufgefunden, nackt und in offensichtlicher Erwartung eines Besuchers. Was dabei sofort ins Auge fällt, ist ein nach unten zeigendes Kreuz, das in ihren Rücken eingeritzt wurde. Auch ein Zettel in ihrem Mund mit der Aufschrift Confiteor – Mea Culpa (Ich bekenne – meine Schuld) lassen zunächst einen Ritualmord vermuten. Doch schon bald stellt sich heraus , dass bei Corinna Sittler nicht alles so war, wie es aussah.
Vor ihrer jetzigen Anstellung als Partnerin in einer renommierten Anwaltskanzlei arbeitete sie als Staatsanwältin und wurde in dieser Zeit im Zuge eines von ihr bearbeiteten Falles massiv von einem Unbekannten bedroht. Seitdem litt sie an Agoraphobie, war paranoid und lebte völlig zurückgezogen und ohne persönliche Kontakte zur Außenwelt in ihrer hermetisch abgeriegelten Wohnung. Auch ihre heutigen Fälle als Anwältin pflegte sie von dort aus zu regeln. Einzig ihre Tochter Leslie und ihre Hausdame Alina Cornelius hatten jeweils einen Schlüssel und somit Zugang zu der Wohnung.
Aber offensichtlich hatte Corinna ihre Isolation zumindest für einen oder mehrere Personen hin und wieder aufgegeben. War der Mord also vielleicht doch ein persönlicher verspäteter Racheakt? Liegen seine Ursprünge in der Zeit, in der Corinna Staatsanwältin war? Welcher Fall war es, der Corinna so nachhaltig beeinflusst hat?
Auf der Suche nach Zusammenhängen stoßen Julia und ihr Team schnell auf Schwierigkeiten, denn die Staatsanwaltschaft ist nicht ohne weiteres bereit, Informationen über ihre ehemalige Kollegin preiszugeben. Erst als Berger, Julias Vorgesetzter, unter der Hand von einem ihm gut bekannten Staatsanwalt Material zu dem damaligen Fall zur Verfügung gestellt bekommt, kommt Licht in die Sache, die nicht wenig Brisanz enthält, geht es doch dabei um zwei Mordfälle und den Vorwurf der Korruption.
Und schließlich passiert in Offenbach ein Mord mit derselben Täterhandschrift an einem Richter, der die Zusammenarbeit des dort zuständigen Kommissars Peter Brand mit Julia erforderlich macht. Gemeinsam rollen sie das Netz von Lügen und Verstrickungen auf.
Andreas Franz versteht es sehr gut, die Spannung wirklich bis zuletzt konstant beizubehalten. Temporeich und sprachlich sehr anschaulich erlebt man die Ermittlungen mit. Lange Zeit, in der man Gelegenheit hat, die Überlegungen von Julia hautnah mitzuverfolgen und immer neue Lösungsansätze zu entwickeln, weiss man nicht sicher, wer der Täter ist.
Sehr gekonnt knüpft er die Fäden zwischen einem alten Fall aus der Vergangenheit von Corinna als Staatsanwältin und dem jetzigen Geschehen und versteht es geschickt, dem Leser damit viele Spuren anzubieten, um sie dann mehr und mehr zusammenzubringen.
Nebenher zeichnet er auch das Privatleben seiner Protagonisten mit ihren Entwicklungen und schafft durch die Wiederholung bereits bekannter (und manchem Leser entweder lieb- oder leidgewordener) Gewohnheiten einen hohen Wiedererkennungseffekt. Denn wer sonst als seine Hauptdarstellerin würde ein übers andere Mal Salamibrote mit oder ohne Gurken essen?
Im Großen und Ganzen sind diese Nebenschauplätze aber doch mehr im Hintergrund platziert, so dass man sich nicht darin verliert und den Fäden der Ermittlungen immer noch gut folgen kann.
Die Auflösung nimmt zum guten Schluss nochmals eine andere Wendung, bleibt aber logisch nachvollziehbar. Dennoch verläuft dieses Ende dann für meinen Geschmack und in Anbetracht des ansonsten gut aufgebauten Spannungsbogens jedoch ein bisschen zu geradlinig und unspektakulär.
Letztlich bleiben noch einige Fragen in Bezug auf die Zukunft einiger der in die Geschehnisse verwickelten Personen offen. Mit Absicht? Denn vielleicht werden diese Rätsel ja in einem weiteren Band der Julia-Durant-Reihe gelüftet?
Insgesamt ist »Das Todeskreuz« ein gut und spannend geschriebener Krimi mit allem, was das Kriminalistenherz so begehrt: Morde, Verstrickungen, Verdächtige und eine schlüssige Ermittlungsarbeit zum Mitraten!
Durant 11 Mörderische Tage
Von vielen Lesern mit Spannung erwartet, erschien ein neuer Roman mit Andreas Franz’ Vorzeige-Ermittlerin Julia Durant. Mörderische Tage ist der zehnte Fall für die beliebte Frankfurter Kommissarin, der elfte, will man die gemeinschaftlichen Ermittlungen mit dem Offenbacher Peter Brandt in Das Todeskreuz mitzählen.
Julia fühlt sich ausgebrannt. Die Koffer sind gepackt, die Tage bis zur Abreise nach Südfrankreich gezählt. Der dringend nötige Urlaub bei ihrer Freundin Susanne Tomlin liegt in unmittelbarer Reichweite. Die Kommissarin sieht den Ferien mit gemischten Gefühlen entgegen. Auf der einen Seite muss sie unbedingt ausspannen, auf der anderen Seite steht der aktuelle Fall, bei dem die Ermittler auf der Stelle treten. Seit Wochen werden Frauen gekidnappt und tauchen weder tot noch lebendig wieder auf. Die Polizei findet keine verwertbaren Spuren. Neue Hoffnung keimt auf, als die seit 6 Monaten vermisste Jacqueline Schweigert plötzlich auf der A66 Frank Hellmer beinahe vor den Porsche läuft. Obwohl äußerlich unversehrt, verstirbt die junge Frau in der Klinik ohne erkennbare Ursache und bevor sie den Beamten etwas mitteilen kann. Wieder stehen die Polizisten ganz am Anfang und ermitteln im privaten und beruflichen Umfeld der Opfer. Und dann passiert es: Am Abend vor ihrem geplanten Abflug gerät Julia selbst in die Hände des Entführers. Nun ist es an Hauptkommissar Frank Hellmer, seine Freundin und Kollegin aus den Fängen eines gefährlichen Verbrechers zu befreien.
Wie immer bei Andreas Franz bekommen wir es mit einem extrem brutalen Täter zu tun. Er hält seine Opfer eingekerkert und setzt sie so genannter »Weißer Folter« aus, bei der die Psyche der Betroffenen schweren Schaden nimmt oder völlig zerstört wird, ohne äußerlich Spuren zu hinterlassen. Der Autor hält sich bei der Schilderung der unmenschlichen Qualen wenig zurück, was den Roman für sensible Leser/innen ungeeignet macht.
Bei Andreas Franz fällt mir eine deutliche Steigerung von Roman zu Roman auf. Im Anfangsstadium seiner Durant-Bücher füllte er ganze Seiten mit einer badenden, Gauloises rauchenden, Bier trinkenden und telefonierenden Julia. Im aktuellen Buch verzichtet er fast gänzlich auf die Schilderungen dieser kleinen Rituale und die Lieblingsspeise der Protagonistin, Tomatensuppe mit Salamibrot, kommt gerade einmal auf den Abendbrottisch. Ganz darauf verzichten mag er eben nicht, der Andreas Franz. Auch nicht auf den kleinen Seitenhieb gegen manche Verlagspolitik und auf ein paar Weisheiten für ein besseres Leben.
Der Untertitel von Mörderische Tage verkündet Julia Durants schwersten Fall. Wird es womöglich auch ihr letzter sein? Wir wollen hoffen, dass Andreas Franz seiner beliebten Serienheldin nicht überdrüssig geworden ist. Denn nach dem Ende des Buches stellt sich die bange Frage: Wird es Julia Durant wirklich schaffen, das Erlebte zu verarbeiten und den eigenen sowie den Polizeialltag weiter zu meistern? Durants große Fangemeinde wünscht der sympathischen Kommissarin baldige und vollständige Genesung, lieber Herr Franz!
Durant 12 Todesmelodie
Nach einer längeren Auszeit, in der sie die Folgen einer Entführung und Vergewaltigung überwinden musste, ist Julia Durant erst wieder wenige Wochen im Dienst, als sie während der Wochenendbereitschaft zu einem Tatort kommt. Offenbar ist eine Studentenparty völlig aus dem Ruder gelaufen, Drogen und Alkohol waren im Spiel, eine junge Frau wurde brutal missbraucht und ermordet. Die vermeintlich Schuldigen werden relativ schnell überführt und verurteilt. Zwei Jahre später gibt es erneut einen Mord im studentischen Milieu. Diesmal wurde ein junger Mann grausam gefoltert und getötet. Am Tatort hat Durants Kollegin Sabine Kaufmann das Gefühl, sich an etwas zu erinnern. Nach einiger Überlegung fällt ihr ein, dass zwei Jahre zuvor ebenfalls ein Musikstück am Tatort lief, und zwar exakt der gleiche Song: Stairway to heaven von Led Zeppelin. Das Team der Frankfurter Kripo findet schnell neue Spuren – und es gibt weitere Tote. Bis zum dramatischen Finale hat die Mannschaft um Julia Durant aber noch einige Rätsel zu lösen und brenzlige Situationen zu überstehen.
Es scheint ein wenig Mode zu werden, neue Autoren die Reihen verstorbener Schriftsteller fortsetzen zu lassen. Vor kurzem kam der erste James-Bond-Roman aus der Feder von Jeffery Deaver auf den Markt, jetzt hat Daniel Holbe seinen ersten Julia-Durant-Band vorgelegt. In beiden Fällen hat die Familie des verstorbenen Autors eine entscheidende Rolle gespielt, indem die Zustimmung erteilt wurde. Während Deaver allerdings die bekannte Figur in die Moderne transformierte, und einen völlig eigenständigen Roman schrieb, setzt Holbe die Durant-Reihe nahtlos fort. Und er nutzte dabei Skizzen von Andreas Franz – wie weit der neue Roman bereits fertig war, ist dabei unklar, spielt aber auch eine eher untergeordnete Rolle.
Die Fans von Andreas Franz dürften – wie wohl alle Leser – durchaus gespalten sein. Vernichtende Urteile stehen dabei neben wohlwollenden, es gibt auch positive Stimmen. Auf jeden Fall muss man sich im Klaren sein, dass man hier keinen Roman des verstorbenen Autors in der Hand hält, sondern ein anderer das Buch geschrieben hat. Bei aller Spannung und Authentizität haben Kritiker dem verstorbenen Andreas Franz vorgeworfen, einen eher schlichten Schreibstil zu pflegen. Ich hatte damit nie ein größeres Problem, weil mich die von ihm geschilderten Fälle stets gefesselt haben, und weil durch seine exzellenten Kontakte zur Polizei die Geschichten im Wortsinne »aus dem Leben gegriffen« waren. Daher ist es nicht weiter störend, dass auch Daniel Holbe nicht unbedingt ein Meister des geschliffenen Wortes ist.
Ärgerliche handwerkliche Fehler sollten von ihm künftig allerdings vermieden werden, sonst gehen ihm selbst die eingefleischten Andreas-Franz-Fans von der Fahne. Das beginnt damit, dass falsche Ortsnamen verwendet werden, und endet bei der Peinlichkeit, eine Pistole SIG Sauer P6 als Revolver zu bezeichnen. Und wenn der Autor – oder ist er doch nur der Co-Autor, weil das Buch weitgehend skizziert war?? – sich bei solchen Fakten irrt, müsste das Lektorat die groben Schnitzer ausmerzen. Sonst könnte das Experiment, einen Neuling die Reihe eines Bestseller-Autoren fortführen zu lassen, schnell an seine Grenzen stoßen.
Die Geschichte ist vom Start weg recht komplex und undurchsichtig, die immer neuen Wendungen sind das Markenzeichen des verstorbenen Autors und werden von seinem Nachfolger gut fortgesetzt. Immerhin ist in dem Buch kein Stilwechsel erkennbar, Daniel Holbe hat sich durchaus geschickt an die Diktion des verstorbenen Andreas Franz gehalten. Die Perspektivwechsel von Julia Durant zu Frank Hellmer sind gelungen, und wie gewohnt wird auch das Privatleben der Ermittler regelmäßig einbezogen, ohne dabei zu übertreiben. Wer die früheren Bände der Julia-Durant-Reihe nicht kennt, wird ohnehin keinen Unterschied merken. Das Buch bietet solide Unterhaltung, ausreichend Spannung und einen guten Plot – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Am erzählerischen Handwerk und der Recherche muss Daniel Holbe aber noch kräftig feilen, vor allem, wenn er eines Tages komplett eigene Bücher schreiben will.
Henning 2 Spiel der Teufel
Kiel als seemännisches Tor zum Osten und somit auch als krimineller Anlaufpunkt der russischen Mafia ist in Spiel der Teufel nach Unsichtbare Spuren der zweite Fall, in dem das auch privat liierte Ermittlerduo Sören Henning und Lisa Santos auf Mördersuche gehen.
Diesmal erwischt es einen Freund und Kollegen. Gerd Wegner hat offensichtlich Selbstmord begangen, in dem er Kohlenmonoxid in das Innere seines BWS geleitet hat, nachdem er kräftig Wodka in sich geschüttet hatte. Aber Sören und Lisa sind vom Suizid keineswegs überzeugt, denn Gerd war nach dem gewaltsamen Tod seiner kleinen Tochter mit seiner Frau Nina wieder glücklich, denn diese war wieder in besseren Umständen. Außerdem mochte er überhaupt keinen Wodka.
Stutzig wird das Ermittlerduo erst, als es die Vermögensverhältnisse des Verstorbenen überprüft. Trotz regelmäßiger Überstunden hätte er sich Haus und Auto dieser Klasse niemals leisten können. Er musste also noch eine weitere Einkommensquelle haben und der Verdacht, dass Gerd sich von unredlichen Elementen schmieren ließ, drängt sich immer stärker auf, obwohl Nina dies vehement bestreitet.
Während also Lisa und Sören in Gerds Umfeld ermitteln und dabei auch ihren Kollegen auf die Zehen treten, tritt die russische Organmafia an einen erfolgreichen Herzchirurgen heran und nötigt diesen, in einer High-Tech-Privatklinik Transplantationen vorzunehmen, bei der jungen Menschen, die man unter falschen Vorstellungen von Russland nach Deutschland verschleppt hat, lebenswichtige Organe entnommen und der zahlungskräftigen Kundschaft wieder eingesetzt werden. Aber eine aus dem Schlepperteam spielt falsch und gibt Lisa und Sören den entscheidenden Tipp …
Andreas Franz hat wieder routiniert an der Krimischraube gedreht und ein aktuelles Thema an die Ostsee verpflanzt, wo man auf organisierte Kriminalität scheinbar noch nicht vollends vorbereitet ist. Der Leser ist von Anfang an in die kriminellen Machenschaften eingeweiht. Nur die nicht sonderlich profilierten Ermittler müssen erst mit der Nase darauf gestoßen werden, was in dieser Geschichte wirklich abläuft. Sören Henning bleibt in der gesamten Story relativ farblos, ist immer leicht am verzweifeln und aufbrausend, weil er keinen wirklichen Anknüpfungspunkt findet. Hätte er nicht Lisa, die ihn gelegentlich bremst, wäre seine Polizeilaufbahn wohl beendet, bevor Andreas Franz sich ein drittes Mal um die Kieler Polizisten kümmert.
Die Ermittler drehen sich im Kreis und wieder und wieder werden dieselben Spurten ausgewertet, die allesamt in eine Sackgasse führen. Der Fall wäre garantiert bis heute nicht geklärt, wenn da nicht ein Maulwurf auf Seiten der Russen wäre und damit beginnt der Roman von der Polizeiarbeit abzugleiten, denn es herrschen plötzlich Zufall und berufliche Alleingänge. Die Spannung läuft nicht mehr über die Ermittlerschiene, denn was auf der Gegenseite läuft, ist wesentlich interessanter. Wie man einen redlichen Menschen zum Werkzeug der Mafia macht und sein Gewissen scheinbar beruhigt, ist deutlich spannender als die heimlichen Treffen der Ermittler mit deren Informanten.
Franz weiß, wie er die Seiten füllt, Wiederholungen einbaut und immer wieder einen Brocken Aufklärung in die Handlung einstreut. Dass er zur Abrundung des Geschehens noch eine absolut unglaubliche Wendung mit offenem Ende dranhängt, lässt den Franz-Fan auf ein neuerliches Zusammentreffen mit den Tätern hoffen, bei dem es dann ein wenig härter zur Sache gehen sollte.
Wer bis jetzt noch kein Freund der Werke von Andreas Franz ist, der wird es auch mit Spiel der Teufel nicht werden, denn die knapp 500 Seiten aus dem Knaur Taschenbuchverlag können den Leser nicht berauschen, aber brauchbar unterhalten.
Henning 3 Eisige Nähe
Die Ähnlichkeit des skandalumwitterten Peter Bruhns mit einem in Norddeutschland lebenden, höchst umstrittenen Musikproduzenten ist der Realität abgeschaut. Dass Bruhns tot neben seiner jungen Geliebten gefunden wird, ist jedoch rein fiktiv. Eine Beziehungstat? Oder das Werk eines persönlichen Feindes, von denen es reichlich gibt? Natürlich gerät Bruhns Ehefrau als Erste in Verdacht, doch weder Sören Henning noch Lisa Santos von der Kieler Mordkommission wollen so recht daran glauben, dass sie etwas mit der Tat zu tun hat.
Bei der Obduktion wird nicht nur ein Gift gefunden, das den Kommissaren große Rätsel aufgibt, auch Schmauchspuren an der linken Hand des Opfers werden entdeckt, die allerdings manipuliert sind. Vielleicht doch Selbstmord? Die Ermittlungen laufen auf Hochtouren. Doch dann nimmt der Fall scheinbar eine ungeahnte Wendung, als am Tatort Fremd-DNA sichergestellt wird, die mit einer DNA übereinstimmt, die man bereits seit mehreren Jahren in Deutschland an unterschiedlichen Tatorten gefunden hat.
Henning und Santos sind verwirrt, waren doch jene Fälle offiziell gelöst, da man herausgefunden hatte, dass all die Jahre mit kontaminiertem Ermittlungsmaterial gearbeitet wurde – zumindest hat diese Version der Innenminister der staunenden Öffentlichkeit in einer Pressekonferenz verkündet. Auch dieser Aspekt ist ein Bezug zur Realität – vom Autor geschickt in die neue Geschichte eingebaut.
Ein ehemaliger Tontechniker von Bruhns wird von dem Ermittler-Duo verhört, doch sie halten ihn nicht für den Mörder. In einer Einsatzbesprechung am nächsten Tag wird der Mann jedoch als Täter präsentiert. Zwei LKA-Beamte wurden von ihm angeblich in eine Schießerei verwickelt, und mussten den Mann in Notwehr erschießen. Der Fall wird für gelöst erklärt. Immer mehr drängt sich Henning und Santos der Verdacht auf, dass hier vertuscht und nicht aufgeklärt werden soll – und bald sind sie einem der bestgehüteten Geheimnisse der Politik auf der Spur.
Mit der Lektüre von Eisige Nähe ist es wie so oft bei den Kriminalromanen von Andreas Franz – wenn man erst einmal angefangen hat zu lesen, lässt einen die Geschichte kaum wieder los. Dabei geht es dem Autor nach eigener Aussage vor allem darum, die vielen verschiedenen Facetten des Verbrechens in Deutschland darzustellen. Andreas Franz betont stets, dass seinen ausgezeichneten Kontakten zu Polizei- und anderen Dienststellen die große Authentizität seiner Kriminalromane zu verdanken sei. Dabei haben sich diese Kontakte zu Ermittlern von Landeskriminalämtern aus verschiedenen Bundesländern, verdeckten Fahndern und anderen Spezialisten erst im Laufe der Zeit ergeben und intensiviert. Der Autor nutzt mittlerweile seine Lesereisen durch die gesamte Bundesrepublik zu Treffen mit Experten, die ihm neue Anregungen geben. Nahezu alle Krimis von Andreas Franz basieren auf tatsächlichen Fällen, und auch in Eisige Nähe hat er wieder Situationen eingebaut, die sich so oder so ähnlich tatsächlich ereignet haben.
Das macht einen großen Teil der Faszination seiner Romane aus. Hinzu kommt ein Erzählstil, der ohne allzu viel Drumherum auskommt. Man könnte auch von einem fakten-orientierten Roman sprechen, wobei die Spannung niemals leidet. Franz versteht es immer wieder, durch geschickt platzierte Andeutungen und neue Wendungen die Spannung konstant hoch zu halten. Der Roman wirkt dabei keineswegs zu durchkonstruiert, am Ende läuft es fast zwangsläufig auf ein heftiges Finale zu.
Äußerst zwiespältig ist in Eisige Nähe die Figur des Auftragskillers Hans Schmidt. Schließlich ist der Mann ein eiskalter und zuweilen brutaler Mörder, der sich allerdings darauf beruft, bis auf zwei Ausnahmen nur Menschen getötet zu haben, die es verdient haben, weil sie selbst so viel auf dem Kerbholz haben. Aber nun mordet er auf eigene Rechnung, und bringt Menschen um, die es in der kriminellen Szene besonders heftig getrieben haben. Da muss man schon aufpassen, nicht hier und da verständnisvoll zu nicken. Am Ende bleibt er jedoch der »bad guy«, trotz aller Rechtfertigungsversuche.
In ihrem nunmehr dritten Roman erleben die Ermittler Sören Henning und Lisa Santos das übliche Auf und Ab – im Beruf und in ihrer privaten Beziehung. Untypischerweise ist es oft Santos, die trotz ihrer spanischen Wurzeln den aufbrausenden Henning auf den Boden holen muss. Hatten die beiden in Spiel der Teufel schon mit heftigem beruflichen Frust zu kämpfen, so werden sie in Eisige Nähe mit ganz neuen und tieferen Abgründen konfrontiert. Der Leser fragt sich mehrfach, wie die beiden das Geschehen wohl psychisch verarbeiten. Hier werden offenbar höchst realistisch die schlechten Seiten des Polizisten-Berufs aufgezeigt – ungeschminkt und schonungslos. Auch das Ende von Eisige Nähe lässt die beiden Ermittler – und damit auch den Leser – mit einer gewissen Ratlosigkeit zurück. Oder man denkt sich den Schluss weiter, um doch noch zufrieden zu sein.
Ob andere deutsche Kriminalschriftsteller mit ihren Romanen auch so nah an der Realität sind, kann ich nicht beurteilen. Aber Andreas Franz ist hautnah an der Wirklichkeit, fast schon zu sehr. Gerade deshalb geht eine abgründige Faszination von seinen Büchern aus, was fast soweit führt, dass man als Leser sogar Verständnis für den Serienmörder aufbringt, weil er endlich die richtigen Leute umbringt. Er will der Schlange den Kopf abschlagen – und übersieht dabei, dass jedermann austauschbar ist.
Der Frust der Ermittler kann auch im wirklichen Leben dazu führen, dass sie blind zurückschlagen. Santos und Henning balancieren ständig an einer Schwelle, ohne bisher darüber gegangen zu sein. Der Leser spürt unterschwellig den Zorn des Autors und der Ermittler auf die Verhältnisse, wie sie geschildert werden, und wie sie offenbar auch in der Realität sind. Manchem Leser mag dieser Stil und die daraus resultierende Erkenntnis nicht so recht gefallen. Aber die stets noch weiter steigende Auflagenzahl zeigt, dass Andreas Franz damit einen Nerv trifft. Für mich ist Eisige Nähe einmal mehr ein überaus gelungenes Buch.
Peter Brandt 1 Tod eines Lehrers
»Tod eines Lehrers« – nicht nur durch den Titel fühlt man sich an einen Reinecker-Krimi erinnert, auch die Befragungen in der Schule versprühen spröden 70er-Jahre Charme. Bei den trockenen Dialogen hat man Kommissar Keller und Harry Klein bildlich vor seinem geistigen Auge.
Rudolf Schirner, Lehrer am Gymnasium im hessischen Langen, wurde spätabends beim Spaziergang mit seinem Hund bestialisch ermordet. Über 80 Messerstiche und das Abschneiden seines Geschlechtsteils zeugen davon, dass ihn jemand sehr gehasst haben muß. Dies steht jedoch im absoluten Gegensatz zu dem, was die ermittelnden Beamten bei ihren ersten Befragungen erfahren. Schirner hatte keine Feinde, er war bei allen überaus beliebt. Sowohl Schüler als auch Kollegen sind voll des Lobes über den Lehrer. Er führte eine mustergültige Ehe und hatte gute Freunde im Kollegium.
Doch irgendwie traut Kommissar Peter Brandt von der Offenbacher Mordkommission diesem Frieden nicht. Seiner Meinung nach muß jeder Mensch irgendeine Leiche im Keller haben. Bald wird er fündig. Sein Eheleben war wohl doch nicht ganz so harmonisch wie man ihn glauben zu machen versucht. Mit seiner Frau, die unter einer Reinlichkeits-Neurose leidet, hatte er seit Jahren keinen Sex. Er brauchte sie zwar für sein häusliches Wohlbefinden, doch sein Vergnügen holte er sich woanders. Gleich zwei seiner Kolleginnen geben zu, ein Verhältnis mit ihm gehabt zu haben. Da tun sich für Brandt erste Motive auf: War der Täter ein gehörnter Ehemann einer weiteren Beziehung Schirners? Oder vielleicht eine von ihm verschmähte Frau?
Das 70er-Jahre-Feeling ist schnell verschwunden und aus dem trocken beginnenden Text wird schnell flotter und spannender Lesestoff, der routiniert geschrieben ist.
Der Leser wird relativ frühzeitig auf die richtige (?) Spur gebracht und kann sich vieles schon zusammenreimen, doch trotz allem bleiben noch genügend Fragen offen, um das Spannungsniveau auf gleichmäßig hohem Level zu halten.
Mit Hauptkommissar Peter Brandt hat Andreas Franz einen sympathischen Protagonisten entwickelt, der glaubhaft und überzeugend wirkt. Brandt ist alleinerziehender Vater zweier pubertierender Töchter, sehr sensibel und bei Frauen sogar schüchtern. Mit Humor und einer Liebesgeschichte gewürzt macht »Tod eines Lehrers« Appetit auf mehr von Kommissar Brandt, auch wenn mir persönlich in seinem Privatleben alles etwas zu glatt läuft. Ein paar kleine Problemchen hier und da wären das vermisste Salz in der Suppe.
Auch die weiteren Charaktere, insbesondere die Staatsanwältin Elvira Klein, sind vielschichtig angelegt und für weitere Serienkrimis ausbaufähig.
Der Schluß des Romans dürfte für den meisten Diskussionsstoff sorgen. Ich möchte dazu nicht allzu verraten, doch auch hier hat sich Franz für die Lösung entschieden, in der alles relativ reibungslos läuft und für die meisten der Beteiligten einen positiven Ausgang nimmt. Doch dürfte der ein oder andere Leser sicherlich an den Gedanken des Autors zum Thema Selbstjustiz Anstoss nehmen.
»Tod eines Lehrers« ist ein Roman, der ein brisantes Thema aufgreift und der spannende Unterhaltung bietet, dem aber ein wenig die Ecken und Kanten fehlen, um von einem rundum gelungenen Krimi sprechen zu können.
Peter Brandt 4 Das Todeskreuz
Corinna Sittler lebt sein zehn Jahren in einem hermetisch abgeriegelten Haus und arbeitet von dort aus für eine Rechtsanwaltskanzlei. Nur ihre Hausdame Alina Cornelius und ihre Tochter Leslie durften das Haus betreten. Und doch wird die Ex-Staatsanwältin ermordet und an diesem Morgen nur mit blauen Strümpfen bekleidet und mit einem blutigen Kreuz am Rücken in ihrem Schlafzimmer von der Tochter gefunden. In ihrem Mund findet sich ein Zettel mit der Aufschrift »Confiteor – Mea Culpa« – »Ich bekenne – meine Schuld«. Trotz modernster Sicherungsanlagen muss jemand Zutritt gehabt haben.
Julia Durant vom Frankfurter K11 gräbt in der Vergangenheit des Opfers und findet heraus, dass die Dame während ihrer Amtszeit als Staatsanwältin zwar in kleineren Fällen extrem hart durchgegriffen hat, bei den größeren Fischen allerdings kräftig abgesahnt hat. Und mit ihr verdrehten auch noch Richter und Rechtsanwälte das Recht zum persönlichen Vorteil.
Einer dieser Richter wird in Offenbach ermordet aufgefunden und hier ermittelt Kommissar Peter Brandt. Auch im Mund des Richters findet sich der Zettel mit identischer Beschriftung und so ist Brandt auf Grund der Parallelen gezwungen, sich mit dem K11 kurz zu schließen. Obwohl er eigentlich die Frankfurter nicht ausstehen kann.
Julia Durants bisheriger Partner Frank Hellmer ist aus persönlichen Gründen nicht abkömmlich und so beginnen Durant und Brandt ihre Recherchen und rollen parallel zu den Morden in Frankfurt und Offenbach, die Hintergründe der manipulierten Verfahren auf, denn es ist nur zu offensichtlich, dass hier jemand Rache übt für das, was vor zehn Jahren passiert ist und dieser Jemand scheint eine Todesliste abzuarbeiten . …
Der deutsche Erfolgsautor Andreas Franz hat im Knaur Taschenbuchverlag »Das Todeskreuz« veröffentlicht, den man nun als zehnten Band der Julia Durant-Reihe oder vierten Band der Peter-Brandt-Serie betrachten kann, denn in dieser Geschichte arbeiten die beiden Ermittler im Team.
Und zur Freude des Rezensenten arbeiten die Beiden diesmal in bester Polizeimanier und lassen die Schwächen der vorangegangen Bände in jeder Hinsicht vergessen. Julia Durant gewöhnt sich nicht nur das Rauchen ab, sie ist auch körperlich wieder voll auf dem Damm und lässt ihren wachen Geist so richtig arbeiten. Befragungen, Recherchen, Kombinationsgabe und die Sorge um ihren Freund und Kollegen Hellmer beherrschen ihr Tagesgeschehen.
Peter Brandt hat in seiner Beziehung mit der Gerichtsmedizinerin Andrea Sievers einen Todpunkt erreicht. Dafür kommt er diesmal der Staatsanwältin Elvira Klein, die er bislang nicht sonderlich leiden mochte, menschlich näher, denn auch deren Vater scheint in die Machenschaften rund um vertuschte Vergewaltigung und Doppelmord verwickelt zu sein und ist möglicherweise ein potentielles Opfer.
Grundlegend verzichtet Andreas Franz fast gänzlich auf die Schilderung von Brutalitäten, wenn man von wenigen dramaturgisch notwendigen Seiten absieht, und lässt auch bei der Lösung des Falles die Katze nicht zu schnell aus dem Sack, so dass die Spannung in »Das Todeskreuz« durchgängig erhalten bleibt. Die Verknüpfung der Morde von damals und heute ist absolut stimmig und die Ermittlungen des gesamten K11-Teams läuft erfreulich professionell ab und ist überhaupt nicht von Zufall geprägt, sondern ein gelungenes Konglomerat von Recherche und Riecher.
Wenn man diesen Roman liest, dann wünscht man sich, dass Durant und Brandt viel öfter zusammen arbeiten mögen, vor allem, wenn es in dieser sprachlichen Qualität passiert, bei der Herr Franz auch seine Übergriffe in den pseudopsychologischen Beamtenjargon wohltuend unterlässt. In diesem Buch sind die Abläufe und die Charakterisierungen wieder stimmig und die Weiterentwicklung der Personen ist erfreulich positiv gelungen, wobei man sich unter Anderem interessehalber fragt, ob Frau Durant sich das Rauchen aus persönlichen Motiven abgewöhnt oder dahinter doch ein EU-Nichtraucherdiktat steht. Das ist natürlich für die Geschichte völlig unerheblich, aber es ist so ein kleines Detail, dass die Protagonisten in diesem Buch sich wieder mit einem Blick nach vorne bewegen und ihr privates Umfeld aufmöbeln. Mit solchen liebevollen Detailschilderungen erarbeitet sich Andreas Franz zunehmend wieder Sympathiewerte für seine Romanfiguren.
Insgesamt darf man die 516 Seiten somit als gelungene Krimilektüre dem Leser wärmstens ans Herz legen und Andreas-Franz-Fans werden ohnehin aufjubeln.