Burban, Stefan-Rezension
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Ruul-Konflikt 1 Düstere Vorzeichen
Die Welt in einer fernen Zukunft. Die Menschheit hat das All erobert, Kolonien gegründet und eine interstellares Reich errichtet. In den Weiten des Weltalls stieß man auf fremde Wesen, die, wie kaum anders zu erwarten war, nicht alle friedliche Koexistenz auf ihre Fahnen geschrieben haben. Die insektoiden Til-Nara stehen den Menschen abwartend gegenüber, mit den verschlagenen Ruul, einer Nomadenrasse gab es bereits erste kriegerische Auseinandersetzungen.
Um der Bedrohung Herr zu werden, soll die Marine aufgerüstet, neue Kriegsschiffe in Dienst gestellt werden. Die TKS Lydia wurde als Prototyp der neuen Trägerschiffreihe entworfen und gebaut. Unter dem Kommando von Kommandant Vincent soll sie auf ihrer Jungfernfahrt auf Herz und Nieren geprüft und erprobt werden. Mit an Bord ein Agent des militärischen Geheimdienstes, eine zusammengewürfelte noch nicht aufeinander eingespielte Crew, der Sohn eines hochrangigen Admirals und ein Verräter.
Kurz darauf wird die Lydia von den Ruul erobert und dazu missbraucht, einen Konflikt zwischen Menschen und Til-Nara zu schüren. Die Ruul wollen, nachdem die beiden Rassen sich gegenseitige geschwächt haben, die Überreste hinwegfegen, und sich ohne Konkurrenz zu den Herren der Galaxie aufschwingen.
Doch noch geben sich die wenigen Überlebenden der Besatzung der Lydia nicht geschlagen – und, wie allgemein bekannt, ist ein angeschlagener Gegner ein gefährlicher Widerpart. Das müssen auch die Ruul leidvoll am eigenen Echsenleib erfahren …
Inhaltlich bleibt der Autor dem Gewohnten verhaftet
Sie mögen David Webers Honor Harrington, können Raumgefechten und Kommandoabenteuern etwas abgewinnen, sind gar Fan der so genannten Military-SF? Dann hat der Atlantis Verlag nach der Tentakel-Trilogie aus der Feder von Dirk van den Boom Nachschub an entsprechendem Lesestoff für Sie.
Inhaltlich wartet wenig wirklich Neues auf den Leser. Einmal mehr greifen fiese Alienaggressoren die Menschheit an, wird diese von Verrätern unterwandert und muss eine tapfere Crew an vorderster Front die Kampf gegen einen überlegenen Gegner aufnehmen. Das ist vom Ansatz her nicht neu, in der Umsetzung aber durchaus packend. Nach einem etwas langsamen Beginn, in dem uns der Autor seine Gestalten sehr ausführlich vorstellt, kommt die Handlung dann schnell mit der Enterung der Lydia in Fahrt. Danach schließt sich die Suche nach den Gründen, dem Verräter und schussendlich die Rückeroberung des Raumschiffes an.
Die Figuren selbst sind sympathisch gezeichnet, entsprechen dabei aber weitgehend dem gewohnten Bild. Der etwas skurril-weltfremde Erfinder, der abgeklärte Agent, der überraschend kompetente Sohn, dazu ein integrerer, allerdings vorliegend etwas blass bleibender Kapitän, das hält keine wirklichen Überraschungen für den Rezipienten bereit. Geboten wird spannend und abwechslungsreich aufgezogene Military-SF, die für Leser, die dieses Sub-Genre goutieren, eine echte Alternative zu dem darstellt, was die Großverlage bieten.
Ruul-Konflikt 2 Nahende Finsternis
Etwas mehr als drei Jahre sind vergangen, seitdem die Menschen und ihre einstigen Gegner zum ersten Mal auf den Plan der Ruul aufmerksam wurden, die Herrschaft über die Galaxie an sich zu reißen. Die amphibischen Nomaden wurden in einer ersten Schlacht zurückgedrängt, allen aber ist klar, dass der eigentliche Kampf erst noch bevorsteht.
Die Menschheit hat die Zeit genutzt. Neue Schlachtschiffe wurden auf Reede gelegt, eine Allianz mit den Til-Nara wurde vereinbart, und kleine, schnell operierende Einheiten, die Rockets gegründet.
Als die Ruul das friedliebende Pazifistenvolk der Asati überfallen, werden zwei Rocket-Einheiten in Marsch gesetzt, um vor Ort die Aufklärung für die nachreisende Flotte zu übernehmen. Dass die Soldaten der Spezialeinheit dabei auf ein geknechtetes, versklavtes Volk und eine ganze Armee der Ruul stoßen, war so nicht vorgesehen. Ihrem Auftrag folgend machen sich die Frauen und Männer der Spezialeinheit daran, die Zivilisten zu befreien, den Gegner zu bekämpfen und die Invasion des besetzten Systems vorzubereiten – allerdings stehen dabei eine Handvoll ausgebildeter Kämpfer einer ganzen Armee gegenüber …
Schlachten, Verrat und aufopfernder Mut
Military-SF hat spätestens seit den wirtschaftlichen Erfolgen der Miles Vorkosigan-Reihe von Lois MacMaster Bujold (Heyne) und David Webers Honor Harrington (Bastei-Lübbe) auch bei uns Hochkonjunktur. Die Schilderungen der Weltraumschlachten und Kommandounternehmen fesseln immer mehr Leser, und auch die umtriebigen Kleinverlage nehmen sich des Subgenres an. Nach Dirk van den Booms Tentakeltrilogie legt der Atlantis Verlag mit den Bänden um die Ruul-Kriege weiteres entsprechendes Lesefutter auf.
Burban liefert seinen Lesern dabei genau das, was sie von einem entsprechenden Werk erwarten – packende Weltraumschlachten, Helden, die moralisch integer einen bösen Gegner ausmanövrieren, Kämpfe und Abenteuer pur.
Dabei vermeidet er es geschickt, immer dieselben Personen ins Zentrum zu stellen. Vorliegend präsentiert er uns neue Protagonisten, die wir auf ihrer aufreibenden Mission begleiten. Nur langsam kommt dabei Licht ins Dunkel, hebt sich der Schleier um die Absichten der Ruul.
Neben dieser weiteren Ausgestaltung der übergeordneten Handlung konzentriert sich der Autor explizit auf die Kämpfe auf dem Planeten der Asalti. Hier fährt er mit Panzern, außerweltlichen Kampfhunden und Schwertern zwar für einen SF-Roman etwas gewöhnungsbedürftige bewaffnete Gegner auf, reichert diese dann aber mit Rochenschiffen und Laserwaffen an. Das klingt nicht nur martialisch, sondern bietet dem Leser auch entsprechende Beschreibungen. Ein Scharfschütze killt ruhig und ohne Hast, kaltblütig nennt man dies wohl, seine Opfer, Bazooka-ähnliche Energiewaffen holen Angreifer vom Himmel, die Abwehrschlacht fordert ein ums andere Opfer. Gerade letztere, die Akteure unseres Einsatzkommandos, die in der Schlacht ihr Leben lassen, die verletzt werden, die leiden, sorgen für ein realistisch wirkendes Gerüst, in das sich Verrat und aufopfernder Mut nahtlos einpassen.
Sicherlich nicht jedermanns Geschmack, aber für Freunde der Military-SF ein guter Griff.
Ruul-Konflikt 3 In dunkelster Stunde
Auf ihrem Weg ins All hat die Menschheit so manche Spezies kennen- und fürchten gelernt. Bis zum Aufeinandertreffen mit den echsenartigen Nomadenvolk der Ruul aber konnten alle Unstimmigkeiten immer auf Verhandlungswegen beigelegt werden. Man dachte, die Galaxis sei groß genug für alle. Ein Trugschluss, wie der Überfall der Ruul auf die Kolonien der Menschen und ihrer Nachbarvölker bewies.
Dem unbedingten Eroberungs- und Vernichtungswillen der Ruul hat man nur mühsam etwas entgegenzusetzen. In aufopfernden Kämpfen und waghalsigen Kommandounternehmen finden mutige Soldaten mehr über den unbekannten Feind heraus, und retten Kolonisten vor der Versklavung. Den Aufmarsch der Ruul aber kann man allenfalls verlangsamen, aufzuhalten ist er gegenwärtig nicht. Kolonien fallen dem Bombardement zum Opfer, Millionen Menschen werden gnadenlos niedergemacht, ein Sonnensystem nach dem anderen verloren.
Um den Echsen nicht die ganze Initiative zu überlassen, beschließt man schweren Herzens, einige Kolonien preiszugeben und sich auf eine Verteidigungslinie zurückzuziehen. Gleichzeitig soll ein Kommandounternehmen das Flaggschiff der Eroberer angreifen, in dieses eindringen und es letztlich durch Sabotage vernichten. Während als Ablenkungsmanöver ein bereits von den Ruul besetzter Planet zurückerobert werden soll, macht sich der Trupp, der aus Soldaten des militärischen Abschirm-Dienstes und skrupellosen Schwerverbrechern besteht, auf den Weg das Unmögliche zu wagen und die Befehlszentrale des Feindes zu infiltrieren …
Stefan Burban legt nach – Military-SF made in Germany
Wer immer an Military-SF Gefallen findet, der kommt zwischenzeitlich an Stefan Burban nicht mehr vorbei. Statt John Ringo, David Weber oder Cole / Bunch tauchen immer öfter Romane aus dem Atlantis Verlag bei den Fans des Subgenres auf. Und wirklich erwartet den Leser – Untersuchungen zufolge rekrutiert sich der Leserkreis zum überwiegenden Teil aus männlichen Lesern zwischen 15 und 50 – genau das, was er von einem solchen Roman erwartet.
Wir erleben vorliegend nicht nur packende Raumschlachten und verlustreiche Eroberungen ganzer Planeten mit entsprechenden Strassenkämpfen, auch ein Kommandounternehmen steht dieses Mal auf dem Stundenplan. Das hat viel Tempo, jede Menge Action, ein wenig Pathos und erfüllt damit genau die Vorgaben der Fans. Es wird viel gelitten, gestorben und noch mehr gefightet, so dass man die Seiten kaum schnell genug umblättern kann, um zu erfahren, wie das Vabanquespiel enden wird.
Wie wir dies von den ersten beiden Romanen bereits gewohnt waren, stellt der Autor erneut neue Protagonisten ins Zentrum seiner Handlung. Lediglich auf Seiten der Ruul begegnen wir alten Bekannten. Das führt dazu, dass Burban immer wieder neue Kämpfer portraitieren kann, dass nicht immer wieder unglaubwürdig dieselben Soldaten in Fegefeuer entsandt werden. Die Figuren bleiben dabei relativ eindimensional, was aber bei der Rasanz der Handlung nicht weiter auffällt.
Zu klären bleibt noch die Unstimmigkeit, wie und warum es den Ruul als Gemeinschaft einander misstrauender Stämme von Nomaden gelingt, eine ganze Region der Galaxis ohne weiteren logistischen Rückhalt durch unterstützende Planeten zu erobern und wie sie die okkupierten Planeten überhaupt halten können, ohne an Schlagkraft merklich zu verlieren. Ansonsten ist „In dunkelster Stunde“ spannende, kurzweilige Lektüre für Leser, die an packenden Kämpfen Gefallen finden.
Ruul-Konflikt 4 Verschwörung auf Serena
Einige Jahrzehnte sind seit dem letzten aufeinanderprallen der Menschen und der aggressiven Ruul vergangen. Schlachten wurden seitdem keine mehr geschlagen, doch der Frieden trügt. Auf beiden Seiten der inoffiziellen Grenze wird der Waffenstillstand dazu genutzt, neue Schlachtschiffe auf Kiel zu legen, Angriffspläne auszutüfteln und sich auf den unausweichlichen nächsten Waffengang vorzubereiten.
Dabei werden die Ruul in der menschlichen Hegemonie von den Kindern der Zukunft, Menschen, die die Ruul fast götterhaft verehren, die die drohende Niederlage in einen persönlichen Sieg für sich selbst verwandeln wollen, unterstützt. Der Geheimdienst MAD sollte die Splittergruppen der Kinder eigentlich infiltrieren und die Bedrohung für die Menschen ausschalten – allein es kommt anders.
Leutnant Colonel David Coltor kommt bei seinen Ermittlungen im Dienst des MAD einer dunklen Verschwörung auf die Spur. Sein Weg führt ihn in das streng befestigte Grenzsystem Serena. Hier, an vordersten Front gegen die Ruul sucht und findet er Agenten der Kinder der Zukunft und er tappt in eine ebenso perfide wie geschickte Falle. Für einen Mord, den er nicht begangen hat, soll er von einem Standgericht der Inneren Sicherheit, dem Geheimdienst im Geheimdienst mittels Standgericht als Hochverräter verurteilt und hingerichtet werden. Major Rachel Kepshaw macht sich entgegen dem offiziellen Willen ihres MAD Chefs auf, die Sache zu untersuchen – und stößt auf ein ganzes Nest von Verschwörern, die einer Invasionstruppe der Ruul Tür und Tor öffnen wollen …
Zäsur im Weltraumkampf – statt dessen ein Agententhriller
Nachdem uns Stefan Burban in den ersten Bänden des Zyklusses die Ruul als Rasse vorgestellt hat, mit den Rockets Eliteeinheiten, die hinter den Linien des Feindes agieren, schlagkräftige Kämpfer eingeführt und uns mit großen Weltraumschlachten in den Bann geschlagen hat, schaltet er vorliegend einen Gang zurück. Zwar gibt es im Finale sowohl packende Weltraumgefechte und aufopfernde Bodenkämpfe, doch über weite Strecken des Buches erwartet uns ein durchaus spannend und kurzweilig aufgezogener Agententhriller. Geschickt nutzt er die inzwischen bekannte Bühne des drohenden kalten Krieges, um uns dann mit einem Plot, der im Wesentlichen eine Kriminalhandlung beinhaltet, zu fesseln. Es geht darum, herauszufinden, was wirklich geschah, wer hinter dem Anschlag auf den MAD-Agenten steckt und was eigentlich damit bezweckt werden soll. Auffallend dabei, dass der Autor nicht etwa einen muskelbepackten Recken als Hauptperson und Handlungsträger ausgewählt hat, sondern eine junge Frau die Hauptrolle übernimmt.
Gleichberechtigung ist in seiner Zukunftswelt kein Thema, sondern Realität. Inhaltlich erwartet den Leser ein Plot, der zwar überraschend daherkommt, sich dabei aber gängiger Handlungsschemata und stereotyp gezeichneter Personen bedient. Gerade die Gegner unserer Agentin sind hierbei ein wenig zu oberflächlich gezeichnet. Dass ein hoher Agent derartig naiv und offensichtlich parteiisch agiert und damit durchkommt, ist kaum glaubhaft, und stört den Lesefluss nicht unerheblich. Besser hat es der Autor da bei anderen Gegnern unserer Heldin gemacht. Diese werden mit einer glaubwürdigen Motivation ausgestattet, agieren entsprechend und sorgen für so manche Überraschung.
Sieht man über die Schwächen – insbesondere was die Zeichnung der Antagonisten anbelangt – hinweg, so erwartet den Leser ein spannend aufgezogener Thriller, der allerdings Fans der reinen Weltraumschlachten und Spezialoperationen ein wenig enttäuschen wird.