Baldacci, David-Rezension - eBook

Besucherzaehler
Direkt zum Seiteninhalt

Baldacci, David-Rezension

Bücher > Thriller-Autoren > A-E



Das Labyrinth-Total Control 1997


»Hochspannung im Umfeld Internet und Hochfinanz«

Nachdem ich »Absolut Power«, den ersten Roman von David Baldacci sehr gut fand, war ich gespannt, ob er dieses Niveau auch in seinem zweiten Buch aufrecht erhalten kann. In »Das Labyrith« hat Baldacci die Handlung in einem Umfeld aus Internet-Unternehmen, der Hochfinanz und der Juristerei angesiedelt.

Sidney Archer ist eine Top-Anwältin in einer Kanzlei für Firmenrecht, die gerade den Kauf eines Internet-Unternehmens durch ein anderes anbahnt. Ihr Mann Jason ist im mittleren Management des kaufenden Unternehmens. Eine typische erfolgreiche Yuppie-Ehe mit einer kleinen Tochter. Doch dann stürzt das Flugzeug, mit dem Jason angeblich zu einem geheimen Bewerbungsgespräch fliegen wollte und in dem auch der Präsident der amerikanischen Zentralbank war, ab. Im Laufe der Handlung stellt sich heraus, dass das Flugzeug sabotiert wurde, Jason anscheinend doch nicht an Bord war und er scheinbar auch noch geheime Firmenpapiere an die größte Konkurrenz beim Kauf des Internet-Unternehmens geliefert hat. Die Welt um Sidney Archer scheint immer mehr zusammenzubrechen.

Die Story wird sowohl aus der Sicht Sidney Archers, als auch ihres Mannes und des ermittelnden FBI-Beamten Saywer erzählt.

Wiederum ist es David Baldacci gelungen, einen Thriller zu schreiben, der mit überraschenden Wendungen, spannender Action und detailreicher Kenntnis des beschriebenen Umfelds aufwarten kann. Was aus meiner Sicht das Wichtigste ist und für mich einen guten Thriller ausmacht, ist die Tatsache, dass man nicht nach 50 Seiten schon mehr oder weniger weiß, wie es ausgeht und wer die »Guten« und wer die »Bösen« sind. Immer wieder schwenkt die Handlung plötzlich in eine völlig neue Richtung und Handlungsfäden aus den ersten Seiten, die man schon längst vergessen hat, werden wieder wichtig. Die Personen werden relativ glaubhaft dargestellt, so dass man deren Handeln nachvollziehen kann. An einigen Stellen gegen Ende des Buches gibt es zwar meiner Ansicht nach einige kleinere »Ausreißer« von dieser Regel, die aber den Gesamteindruck nicht allzu sehr trügen.

Auf ein gutes Drehbuch ausgelegt

Die Einblicke in die Bereiche zukünftige Internet-Technologie und die Konkurrenz der Unternehmen, um diese neuen Technologien zu erlangen, ist gut beschrieben, wenn auch nicht allzu tiefgehend. Auch die Verknüpfungen des Finanzsektors werden gut dargestellt. Natürlich kann man nicht erwarten, dass hier bis ins Detail erklärt wird, denn es handelt sich ja um einen Roman, der solche Infos hauptsächlich dazu benutzt, eine Handlung aufzubauen. Aber die Einblicke und Gedanken, in wieweit moderne Technologie in den falschen Händen gefährlich sein kann, sind recht interessant.

Ähnlich wie bei Grisham kann man bei den Romanen Baldaccis natürlich nicht leugnen, dass sie in gewisser Hinsicht immer auch schon so ausgelegt sind, dass man auch ein gutes Film-Drehbuch daraus machen kann. Aber im Gegensatz zu Werken wie z.B. Crichtons »Timeline« hat »Total Control« immer noch den Aufbau und die Struktur eines Romanes und nicht die »Momentaufnahmen«, in denen man quasi schon den Film sieht, die aber die Ausgestaltung der Charaktere kaum möglich macht.

Insgesamt betrachtet ist »Total Control« aber wieder ein spannender und gut zu lesender Thriller, der zwar nicht ganz an »Abolut Power« heranreicht, aber doch klar in der »Oberliga« mitspielt.



Die Wahrheit-The Simple Truth - 1999

»Krimi-Spaß auf hohem Niveau«

Mit »Die Wahrheit« beweist Baldacchi einmal mehr, warum er die Nummer 1 im Genre Justizthriller ist. Anspruchsvolle Thrillerkost mit ausführlichen Einblicken in die US-Justiz kombiniert mit einer kurzweiligen Story. Doch Vorsicht! Baldacchi ist kein Page-Turner und erst recht nichts für »Urlaubsleser«. Seine Storys leben von unzähligen Protagonisten und etlichen Handlungssträngen, die teilweise erst zum Finale miteinander verwoben werden. Konzentration ist gefragt und noch besser ein Zettel, auf dem man sich eine Personen-übersicht anlegt.

Michael Fiske ist Assessor von Chief Justice Harold Ramsey, Oberster Richter des United States Supreme Court, dem Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten. Eines Tages stößt er auf eine Petition, die eine enorme »politische Sprengkraft« besitzt, so sich denn ihre Begründung als zutreffend herausstellen sollte. Rufus Harms, seit 25 Jahren im Militärgefängnis von Ford Jackson einsitzend, stellt einen Antrag auf Begnadigung. Er behauptet an der Ermordung eines kleinen Mädchens unschuldig zu sein und dies beweisen zu können, obwohl er die Tat damals vollbracht hat. Entgegen allen Vorschriften entwendet Michael die Petition und beschließt, zunächst den Gefangenen im Gefängnis zu besuchen, um sich von dessen Glaubwürdigkeit zu überzeugen.

Michael besucht Rufus im Gefängnis und dieser teilt ihm seine Vermutung mit, dass ihr Gespräch abgehört wird und sie damit beide ihrem Tod entgegensehen. Verantwortlich seien der befehlshabende Offizier des Stützpunktes, Colonel Frank Rayfield, sowie der Gefängnisarzt Vic Tremaine. Während Michael kurz nach seiner Abfahrt aus dem Gefängnis tatsächlich erschossen wird, versucht Tremaine Rufus mit einer Spritze zu töten. Hierbei erscheint Rufus jedoch einen Herzinfarkt zu erleiden, so dass sich Tremaine angesichts des anwesenden Personals gezwungen sieht, Rufus in ein Krankenhaus zu verlegen. Dort kann dieser mittels einer Krankenschwester Kontakt zu seinem Bruder Joshua aufnehmen und mit dessen Hilfe gelingt ihm kurz darauf die Flucht.

Als John Fiske vom Tod seines Bruders erfährt, bittet er den zuständigen Detective Buford Chandler, ihn in seine Ermittlungsarbeit einzubeziehen. Bei einer Durchsuchung von Michaels Büro treffen sie auf dessen Arbeitskollegin Sara Evans, die John berichtet, wie sie Michaels »Fehlgriff« unfreiwillig mitbekommen hat. Allerdings hat sie nur einen flüchtigen Blick auf die Eingabe werfen können und dabei lediglich den Namen Harms gelesen. Sara und John versuchen gemeinsam Michaels Mörder zu finden und stoßen erneut auf den Namen Harms, nachdem dessen Flucht in der Presse bekannt wird.

Eine entscheidende Rolle könnte Rufus Anwalt Samuel Rider spielen, in dessen Büro das entscheidende Dokument zum Beweis von Rufus Unschuld vermutet wird, doch Rider selbst kann keine Auskunft mehr geben, denn auch er wurde zwischenzeitlich gemeinsam mit seiner Frau ermordet …

Als darüber hinaus ein zweiter Assessor ermordet wird, schaltet sich auch das FBI in Person des Agenten McKenna ein. Dieser versucht bereits nach kurzer Zeit Chandler davon zu überzeugen, dass John der Mörder seines Bruders war, da er durch eine auf ihn ausgestellte Lebensversicherung ein klares Motiv hatte. Ein Alibi fehlt ebenfalls …

Und was passiert am Supreme Court? Dort kämpft der Oberste Richter Ramsey um die Beibehaltung eines alten Grundsatzurteils, wonach alle Militärangehörigen ausschließlich der Militärgerichtsbarkeit unterstehen. Auf den Fall Harms bezogen hieße dies, dass allein aufgrund der Feststellung, dass er zum Tatzeitpunkt Soldat war, seine Petition keine Aussicht auf Erfolg haben kann. Mangels Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofes …

Um nicht noch mehr Verwirrung zu stiften soll an dieser Stelle die Inhaltsangabe beendet werden, obwohl noch weitere Handlungsstränge die erhöhte Aufmerksamkeit des Lesers erfordern. Umso beeindruckender ist Baldacchi’s Geschick, diese immer wieder zusammen-zuführen, ohne dabei den Überblick zu verlieren. Auch das Finale bietet einige überraschende Wendungen und ist durchaus gelungen. Ebenfalls werden mehrere Protagonisten, allen voran John, Sara und Rufus, fein herausgearbeitet und bleiben somit keine konturlosen Figuren. Aber auch die »Kämpfe vor Gericht« bieten hohen Lesegenuß. Auch ohne Jurist zu sein, kann man den detaillierten Ausführungen weitestgehend problemlos folgen. Wer nicht frühzeitig aufgibt (örtliche Polizei, FBI, Militär, Richter, die Brüder Harms, John und Sara, und...) erlebt hier »Krimi-Spaß« auf hohem Niveau!



Der Abgrund-Last Man Standing - 2001

"Actionabenteuer + Psychothriller + Verschwörungstheorie = Kurzweil»

Web London: Top-Mann in einem Top-Team des FBI. Gestern waren sie noch «Die Sieger», doch heute sind alle tot – bis auf einen: Web London. Was ist der Grund für sein Überleben?

Web London ist ein knallharter Typ, aber was ihm da letzte Nacht passiert ist, haute selbst ihn um. Er gehört einem Hostage Rescue Team (HRT), also Geiselrettungsteam, des FBI an. Dementsprechend hoch qualifiziert war seine Ausbildung. Zusammen mit seinem Team schickte man ihn nach Richmond, Virginia, um ein Fabrikgebäude zu stürmen. Das Haus sollte angeblich einem Drogenbaron als Einsatzzentrale dienen und bis obenhin mit Unterlagen vollgestopft sein. Das einzige, was sich darin befand, waren ein Dutzend Maschinengewehre. Und die nahmen seine nichtsahnenden Teamkollegen sofort unter Feuer. (Wer hat sie verraten?)

Durch einen Zufall gelangt London als letzter zu dem Schauplatz des Blutbads. Auf dem Weg dorthin kommt er an einem Jungen vorbei, der zu ihm das Wort «Donnerhall» sagt. Fortan kann sich London kaum bewegen, er weiß nicht wieso. Mit größter Mühe gelingt es ihm, die Maschinengewehre eines nach dem anderen auszuschalten und sogar den Jungen wieder aus der Gefahrenzone wegzuschaffen. Er überlebt als einziger seines Teams. Natürlich fallen sowohl seine Vorgesetzten als auch die Medienfritzen über ihn her. Überlebt zu haben macht ihn schuldig; es lässt ihn wie einen Verräter aussehen.

Auch London macht sich schwere Vorwürfe. Was ist der Grund für sein Überleben? Um über das Trauma hinwegzukommen, begibt er sich, wie so viele seiner FBI- und HRT-Kollegen, in psychotherapeutische Behandlung bei Dr. Claire Daniels. Zuvor war er immer bei Ed O’Bannon in Betreuung gewesen, aber Dr. Daniels wollte seinen interessanten Fall übernehmen.

In der Praxis von Daniels und O’Bannon wird regelmäßige Hypnose als Mittel eingesetzt, um auf das zugreifen zu können, was das Bewusstsein im Gedächtnis weggesperrt hat. Bei diesen Sitzungen entdecken Dr. Daniels und London eine unglaubliche Tatsache: Am Tatort waren zwei Jungen, und sie wurden gegeneinander ausgetauscht. Der Junge, der «Donnerhall» sagte, war nicht der, den Web rettete. Doch auf die Frage, warum sich in dem angegriffenen Haus statt einiger harmloser Büros eine Batterie tödlicher MGs befand, hat auch Web keine Antwort. Der Gedanke an Verrat in den eigenen Reihen liegt nahe, und der Undercover-Agent Randall Cove, der den Angriff vorzubereiten half, bestätigt den Verdacht. (Das wäre in einem Baldacci-Thriller wahrlich nichts Neues.)

Zunächst sieht es so aus, als stecke eine sektiererische Miliz namens «The Free Society» unter einem gewissen Ernest B. Free dahinter, die zugleich auch den Drogenhandel an der Ostküste kontrolliert. Doch dann bekommen Web und sein bester Teamkamerad Paul Romano den Auftrag, einen reichen Pferdezüchter im Umland von Washington, D.C., zu beschützen. Billy Kenfield hat eine sehr schöne Frau, Gwen, und ein paar merkwürdige Gestalten als Ranchverwalter. Als ein Handy explodiert, scheint Web am richtigen Ort zu sein, um zu helfen.

Er ahnt nicht, dass auf dieser wie auch auf der Nachbarranch nicht alles so ist, wie es aussieht. Wie tief der Schlamassel ist, in den er hier geraten ist, ahnt er erst, als es schon fast zu spät ist.

Unterdessen macht Claire Daniels in der Praxis ihres Kollegen O’Bannon eine erschütternde Entdeckung, und sie entdeckt die Wahrheit über Web London selbst.

Wie so viele Romane von David Baldacci ist auch «Der Abgrund» eine Kombination von Psychothriller und Actionroman, garniert mit einer recht heftigen Verschwörung, die den Helden in ein frühes Grab führen soll. Wieder einmal kommt er gerade noch mit dem Leben davon.

Für die Action sorgen die spezialtrainierten HRT-Angehörigen mit ihren massenhaft eingesetzten Waffen, seien es nun Knarren oder Blendgranaten. Bis zum Showdown kann Web London also beweisen, was er drauf hat. Und das ist eine ganze Menge.

Dumm nur, dass er trotz allem doch kein Terminator, sondern ein menschliches Wesen ist. Das macht ihn zum Beispiel für posthypnotische Befehlswörter wie etwa «Donnerhall» anfällig und setzt ihn außer Gefecht. Das macht ihn aber auch fähig zur Liebe: zu Claire Daniels, zu Gwen Kenfield. Und die Hypnose legt offen, dass er in seiner Kindheit den gewaltsamen Tod seines Vaters zu ertragen hatte.

Das ist alles schön und gut, aber funktioniert es auch?

Leider nur unter bestimmten Bedingungen. Wie alle Baldaccis ist auch dieses Buch mit einer Vielfalt von Personal vollgestopft, und dies erfordert vom Leser erhöhte Konzentration auf die Namen, die von Szenen zu Szene wechseln. Die erhöhte Aufmerksamkeit kann leicht zu Kopfschmerzen führen. Um damit nicht so große Mühe zu haben, sollte man sich also, wie ich, frühzeitig eine Liste der auftretenden Figuren mit ihren Namen anlegen. (Schon in meiner Zusammenfassung habe ich etliche Nebenfiguren weggelassen, um euch nicht zu verwirren.)

Die Übersetzung ist ein richtiges Ärgernis. Einer der Profis hat sie angefertigt: Uwe Anton. Er ist schon seit über 20 Jahren im Geschäft und selbst Autor von Jugendromanen. Aber er hatte wohl zu wenig Zeit, um sein Werk zu überarbeiten, und so kamen zuweilen recht auffällige sprachliche Schnitzer zustande. Was zum Beispiel hat man sich unter einem «Laserpfeil» vorzustellen«? Auf den ersten Blick sieht das Wort okay aus, aber wenn man darüber nachdenkt, ergibt es keinen Sinn. Entweder ein Laserstrahl, da er aus Licht besteht, existiert oder er existiert nicht. Aber keine Waffe verschießt Pfeile aus Licht! Außer natürlich in irgendwelchen billigen Science Fiction-Filmen, wo sie zu den Spezialeffekten gehören (allerdings bestehen sie dort meist nicht aus purem Licht wie ein Laser, sondern angeblich aus Energie).

Allerdings ist Baldacci kein Science Fiction-Autor. Und da er sich scheut, wie ein Dichter irgendwelche Metaphern einzusetzen, taugt »Laserpfeil« auch als Metapher nicht. Es ist schlicht und ergreifend falsch ausgedrückt. Es gäbe noch etliche weitere misslungene Übertragungen ins Deutsche aufzuzählen, aber dieses Beispiel mag genügen. Aufmerksame Leser werden ohne weiteres auf sie stoßen.

Die Mischung aus Actionabenteuer und Psychothriller plus Verschwörungstheorie macht auch aus diesem Baldacci-Roman eine kurzweilige, unterhaltsame Sache. Allerdings macht es die Fülle der auftretenden Figuren nötig, eine Liste anzulegen, oder man verliert den Überblick und Zusammenhang.



Camel Club 2 Die Sammler - 2008

In Washington D. C., der Hauptstadt der USA, geraten die vier Mitglieder des »Camel Clubs« in ein neues Abenteuer. Caleb Shaw, der in der Raritätenabteilung der berühmten Kongressbibliothek beschäftigt ist, sieht sich nach dem jähen Tod seines Abteilungsleiters zu dessen Nachlassverwalter bestimmt. Womöglich ist es beim Tod von Jonathan DeHaven nicht mit rechten Dingen zugegangen. Der »Camel Club« wird plötzlich observiert. Shaws Freund Oliver Stone, einst selbst Top-Agent, identifiziert die Verfolger als Angehörige der CIA.

Doch nicht der Geheimdienst, sondern zwei kriminelle Mitarbeiter stecken hinter der Überwachung: Albert Trent und Roger Seagraves verschaffen sich einen hübschen Nebenverdienst, indem sie Agenten-Identitäten an Schurkenstaaten verkaufen. Die enttarnten US-Spione werden umgebracht, ebenso ergeht es denen, die den beiden Verrätern auf die Schliche zu kommen drohen. DeHaven hatte dieses Pech, und nun will vor allem Seagraves wissen, ob dieser vor seinem Ende den »Camel Club« informieren konnte. Zwar trifft dies nicht zu, aber Stone und seine Freunde drehen in der Not den Spieß um, beginnen eigene Recherchen und bringen sich dadurch erst recht in Lebensgefahr.

In Atlantic City drehen die Gauner Annabelle Conroy, Leo Richter, Tony Wallace und Freddy Driscoll das Ding ihres Lebens: Mit einem genialen Trick luchsen sie dem Kasino-Mogul und Gangsterboss Jerry Bagger 40 Millionen Dollar ab. Statt anschließend in einen möglichst abgelegenen Winkel der Erde zu flüchten, reist Annabelle nach Washington: Jonathan DeHaven war die Liebe ihres Lebens. Um sein Ende zu rächen, tut sich Annabelle mit dem »Camel Club« zusammen. Gemeinsam setzt man Trickreichtum gegen Gewalt; eine Methode, die allerdings nicht immer funktioniert, was für brenzlige Situationen sorgt …

Hau in die Tasten, Baldacci!

David Baldacci ist ein fleißiger Autor. Mindestens einen Thriller wirft er jährlich auf jenen Buchmarkt, der vor allem die Gelegenheits-Leser bedient, die während eines Fluges, einer Bahnfahrt oder am Strand bratend eine spannende Geschichte lesen wollen, die sich auch mit abgelenktem Hirn verfolgen lässt. Bei einem solchen Ausstoß gilt es ökonomisch zu arbeiten. Baldacci hat deshalb den Faktor »Originalität« aus seinem Werk getilgt. Er bedient sich bekannter und bewährter Elemente, die er jeweils routiniert neu kombiniert.

Der empörte Fan wird diese Einschätzung sogleich persönlich nehmen und ablehnen. Allerdings befindet sich der Rezensent mit seiner Einschätzung auf der sicheren Seite, denn Baldacci macht aus seinem Vorgehen nie einen Hehl. Er produziert seine Verbrauchslektüre mit dem redlichen Vorsatz der möglichst intensiven Unterhaltung. Literarische Wertvorstellungen bleiben von vornherein ausgeklammert.

Auf diesem Level funktioniert Die Sammler reibungslos. Obwohl ein Großteil der Handlung in stillen Bibliothekssälen zwischen staubigen Buchregalen spielt, legt Baldacci ab der ersten Seite ein Tempo vor, das er bis zum großen, leichenreichen Finale durchhält. Dabei legt er durchaus Einfallsreichtum an den Tag, wenn er betont harmlose Bücherwürmer in einen aufregend ungleichen Kampf mit skrupellosen CIA-Agenten verwickelt.

Ist es spannend, wird es verwurstet

Der moderne US-Mainstream-Thriller gehorcht seit jeher gewissen Regeln, die ihn gleichzeitig spannend und berechenbar machen. Entweder sitzt ´der Feind´ in Schurkenstaaten wie Nordkorea, Iran/Irak oder in einem der zahlreichen Nachfolge-Länder der ehemaligen Sowjetunion, oder er ist – ganz besonders heimtückisch! – Teil jener US-Einrichtungen, die Attacken aus dem Ausland abwehren sollen. Baldacci geht auf Nummer Sicher und mischt beide Konzepte. Dabei differenziert er sorgfältig: Gefoltert und gemordet wird nur von lumpigen Individuen. Die von ihnen missbrauchten Institutionen sind selbst Opfer. Scheinbare Kritik an den Praktiken der CIA wird dadurch relativiert: Die Sammler ist ein ´konservativer´ Thriller im softkritisch aufgepepptem Gewand.

Behauptet ist ebenfalls jeder Gegenwartsbezug. Baldacci schlachtet Vorurteile gegen Politiker, Lobbyisten, Geheimdienstler, Bürokraten und andere unentbehrliche aber wenig geliebte Gruppen aus. Er instrumentalisiert sie im Rahmen einer Geschichte, die der Leser nicht ernst nehmen sollte, da er sich sonst grob veräppelt fühlen müsste. Was Baldacci als kriminelle Volte verräterischer Geheimagenten ausklügelt, ist nicht raffiniert, sondern so kompliziert und von glücklichen Zufällen abhängig, dass nur Papier-Strolche wie Albert Trent und Roger Seagraves damit durchkommen können. Aber: Es KLINGT plausibel und sorgt für Spannung. Damit ist Baldaccis Primärziel einmal mehr abgedeckt.

Kuriose Figuren sorgen für Entertainment

Den gar schröcklichen Finsterbolden stehen ähnlich überzeichnete Gutmenschen gegenüber. Der »Camel Club« ist eine anachronistische Verbindung, die mit ihrem Idealismus im 19. Jahrhundert besser aufgehoben wäre. Natürlich ist dies Teil von Baldaccis Spiel mit dem Klischee (das er freilich nicht so gut beherrscht, wie er glaubt): Zirkel mit hehren Zielen gehören zum festen Inventar einer versunkenen Epoche der Unterhaltungsliteratur. Von »Lord Percy vom Excentric Club. Der Held und kühne Abenteurer« (1913) bis zur »Liga der außergewöhnlichen Gentlemen« hat sich das Konzept erhalten. Erneut überhöht (oder übertreibt) Baldacci das Vorbild, indem er vier ebenso mutige, entschlossene und ehrenhafte wie exzentrische, unkonventionelle und sympathische Figuren als Clubmitglieder vorstellt.

Dass sie im Dienst der guten Sache ständig das Gesetz biegen und brechen, macht sie nur interessanter. Baldaccis Welt ist ohnehin zynisch schwarzgefärbt: Das Establishment schreibt die Regeln vor, ohne sich selbst daran zu halten. Der brave, arglose, dumme Bürger ist ihm hilflos ausgeliefert. Als intellektuelles »A-Team« tritt dann der »Camel Club« auf. Er kann die Welt nicht insgesamt bessern aber seinen Teil dazu beitragen – und dabei viele Leser begeistern.

Schräg-Helden mit Vergangenheiten

Damit diese Klischees nicht gar zu eindimensional wirken, unterlegt Baldacci seinen vier seltsamen Helden tragische Vergangenheiten. Alle sind sie enttäuschte und gescheiterte Idealisten, die unter einem Panzer fröhlicher Gleichgültigkeit verletzte Menschenwürde durchschimmern lassen, wenn Baldacci ernste Töne anschlagen möchte.

Neu ins Boot kommt in diesem zweiten Abenteuer des »Camel Club« die Trickdiebin Annabelle Conroy, mit der Baldacci die Figuren-Exzentrik übertreibt und ins Gegenteil verkehrt: Annabelle ist eine Super-Frau, deren Geschick das gesamte Club-Quartett in den Schatten stellt. Sie weiß immer Rat, ist schlagfertig, selbstverständlich wunderschön, und in ihrem Busen hegt sie ein trauriges Herkunfts-Geheimnis, das sie nur uns, den Lesern, und dem weisen Oliver Stone enthüllt, was den Grundstein für eine sicherlich romantische aber komplizierte Lovestory legt.

Puzzle-Thriller mit zu vielen Teilen

Womit wir zu den weniger erfreulichen Aspekten dieses Romans kommen. 500 Seiten ist er stark und doch nur Episode, denn Baldacci handhabt seine »Camel-Club-«Reihe wie eine TV-Serie. Er beschränkt sich keineswegs auf eine Story. So hat die Jerry-Bagger-Story in diesem Roman eigentlich nichts verloren. Knapp zweihundert Seiten laufen zwei geografisch und thematisch separate Geschichten nebeneinander her. Dass der »Camel-Club«-Strang den Sieg davontragen wird, steht lange nicht fest. Baldacci schildert den Kasino-Coup und seine Beteiligten in Details, die in der zweiten Romanhälfte keine Rolle mehr spielen bzw. nur alibihaft und kurz aufgenommen werden. Erst im Finale tritt Bagger erneut und als personifizierter Schlussgag auf: Er bereitet das nächste Abenteuer des »Camel-Club«-Teams vor, das sich natürlich um Annabelles Rettung vor den vertierten Knechten des Gangsterkönigs drehen wird. (Als »Divine Justice« – dt. »Die Jäger« – ist es inzwischen erschienen.)

Baldacci versucht mit überlappenden Handlungssträngen die Publikumsbindung zu erzwingen. Als Autor gedenkt er sich nicht zu disziplinieren. Er schreibt und schreibt und scheint dabei vor allem das tägliche Seitensoll im Auge zu behalten. Dies würde auch den Stillstand im Mittelteil erklären. Scheinbar geschieht weiterhin viel, aber de facto tritt die Handlung auf der Stelle und wird mit ausladenden Exkursen und durchaus netten Episoden in die Länge gezogen. So erweist sich das mit großem Getöse eingeführte und breit ausgewalzte Geschehen um ein geheimnisvolles Buch als reine Schaumschlägerei, die im Finale alibihaft in ein paar Nebensätzen lächerlich ´aufgeklärt´ wird.

Spannend oder witzig?

Kühles Kalkül legt der Verfasser schließlich auch an den Tag, wenn er den Grundton seiner Geschichte wählt. Die Sammler soll möglichst alle Thriller-Wünsche befriedigen, also spannend, aktuell, actionreich, komplex und im Detail blutrünstig sein. Dazu mischt Baldacci beinahe mutwillig so viel Humor in seine Mixtur, dass diese immer wieder in einer Thriller-Parodie umzuschlagen droht. Möchte er Kritikern damit den Wind aus den Segeln nehmen? Soll der Leser die Handlung gar nicht ernst genommen werden? Oder möchte Baldacci mit ´lustigen´ Einschüben für Entspannung sorgen?

Auf jeden Fall ist sein Verständnis von Komik eher robust. Diversen gelungenen, weil schwarz- und trockenhumorigen Onelinern (die der Übersetzer entweder gut übertragen konnte oder für das deutsche Publikum aufpoliert hat) stehen flaue, sich ständig wiederholende Witzchen – Buchwurm Caleb verliert in kritischer Lage die Nerven, Frauenheld Reuben sabbert der hübschen Annabelle hinterher, die ihn schallend abblitzen lässt, Bibliothekare und Bibliotheksbesucher sind weltfremde Lachgestalten – gegenüber. Sie wirken besonders befremdlich und sogar zynisch, wenn Baldacci wenige Zeilen später CIA-Schergen und Gangster detailfroh foltern und verstümmeln lässt.

Die grob gesponnene Story gewinnt dennoch durch Baldaccis gefälligen Sprach- und Schreibstil. Die Sammler ist kein notdürftig als Roman maskiertes Drehbuch und der Verfasser ein gewandter Routinier, der nur leider allzu geschmeidig seinem Publikum bietet, womit er sich zufriedengibt – nicht weniger, aber auch niemals mehr.



Sean King and Michelle Maxwell 4 Bis zum letzten Atemzug


First Family nennt sich David Baldaccis neuer Thriller, der in der Übersetzung aus dem amerikanischen Englisch von Rainer Schumacher den eher nichtssagenden Titel Bis zum letzten Atemzug erhielt. Dabei dreht sich alles tatsächlich um die erste Familie in den Vereinigten Staaten, allerdings nicht um die Obamas, sondern Jane und Dan Cox, der gerade das wichtigste Amt der Welt ausübt.

Die First Lady Jane Cox benötigt Hilfe von Sean King und seiner Partnerin Michelle Maxwell, denn auch wenn man rund um die Uhr von FBI und Secret Service bewacht wird, gibt es doch Dinge, die man lieber nicht vom Hauspersonal erledigen lassen will.

Als Sean und Michelle am Haus des Bruders, von Jane Cox ankommen, spielt sich dort gerade ein Drama ab. Wilma, die Nichte der Präsidentin wurde entführt, die beiden Geschwister betäubt, Tuck Dutton (der Bruder) niedergeschlagen und Pam Dutton liegt mit gespreizten Gliedmaßen und aufgeschlitzter Kehle in ihrem Blut.

Gleichzeitig präsentiert uns der Autor auch gleich den Verantwortlichen für diese Missetat. Sam Quarry. Er lebt auf einer heruntergewirtschafteten Farm in Alabama mit seinem Sohn, der Haushälterin und deren Jungen und einigen Helfern, die er alle mit eiserner Hand regiert. Seine Tochter liegt nach einem »Unfall« im Koma und wird nur mehr von Maschinen am Leben gehalten. Sam Quarry. Er gibt den derzeitigen Bewohnern des Weißen Hauses die Schuld an der Misere und er will Rache …Bis zum letzten Atemzug.

Baldacci gehört zu den Autoren, die den amerikanischen Mainstream hochhalten. Jährlich mindestens ein Roman und trotzdem hat er kaum große Schwankungen. Auch Bis zum letzen Atemzug macht da keine Ausnahme. Routiniert und ohne Schnörkel zieht Baldacci seine Geschichte im richtigen Spannungsaufbau durch. Die Helden sind mindestens ebenso sympathisch, wie die Täter. Es ist der »American Way Of Life« in Schwarz und Weiß, wobei in diesem Buch auch sehr viele Grauschattierungen zu finden sind.

Um den Stoff noch auszubreiten hat Michelle Maxwell diesmal auch reichlich Privatleben aufzuarbeiten und das macht die weibliche Kampfmaschine im vierten Teil der Sean-King-Serie zum ersten Mal richtig menschlich und sie kann hier mit mehr Sympathiewerten punkten als in den Vorgängern. Ansonsten vermeidet es der Autor, zu viel menschliche Elemente in den Roman zu streuen, um nicht die spannende Handlung zu unterbrechen. Tränen und Schmerzen gibt es im notwendigen Ausmaß, ohne allzu sehr in den Bluttopf zu greifen. Alles geeignet für einen »Familienroman« ab 16 Jahren und mindestens ebenso konzipiert für das amerikanische Fernsehen oder die Kinowelt.

David Baldacci bringt genau das, was man von ihm erwartet. Spannung und Story auf fast 600 Seiten, ohne großen literarischen Anspruch, aber dafür mit der exakt richtigen Dosis an Unterhaltungswert. Bis zum letzten Atemzug ist ein Actionschmöker, den man nicht nur selbst lesen kann, sondern der sich auch sehr gut auf dem Gabentisch präsentieren lässt, wenn jemand gerne diese Sorte amerikanischen Mainstream liest.



Shaw and Katie James 01 Die Kampagne


»The Whole Truth« – Die ganze Wahrheit … genau darum geht es im neuen Reißer von David Baldacci, der als Bastei Lübbe Taschenbuch unter dem Titel Die Kampagne im Jänner auf den deutschen Buchmarkt erschienen ist und den Rainer Schumacher aus dem amerikanischen Englisch übersetzt hat.

Aber die ganze Wahrheit ist in diesem Buch nur ein einziger globaler Schwindel. Denn die amerikanische Waffenlobby unter der Führung der Rüstungsschmiede Ares und derem Master Mind Nicolas Creel braucht die weltumspannende Gefahr eines Krieges, um die Waffenverkäufe ankurbeln zu können. Also lanciert man im Internet den Tod eines russischen Dissidenten, der angeblich dem vermeintlich schlafenden russischen Bären ein Dorn im Auge war. Russland rüstet demzufolge heimlich auf und bereitet sich auf die Konfrontation mit seinem Nachbarn China vor. Die ganze Welt ist schockiert und allüberall steigen die Verteidigungsbudgets, sehr zur Freude von Nicolas Creel.

Doch fiese Bösewichte benötigen einen Gegenspieler und der findet sich in A. Shaw. Er arbeitet für eine streng geheime Organisation und ist dort der Mann fürs Grobe. Gegen seine Tötungs- und Überlebenskünste ist James Bond ein absolutes Weichei und seine Fähigkeiten sind so herausragend, dass ihn die Organisation nicht gehen lassen kann. Denn eigentlich möchte Shaw in den Ruhestand treten und seine große Liebe Anastasia Brigitte Sabena Fischer ehelichen, eine deutsche Wissenschaftlerin, die in einem Londoner Think Tank namens Phoenix aktuelle Trends analysiert, darunter auch die Situation um den neuen kalten Krieg zwischen der roten und gelben Gefahr.

Aus der Heirat zwischen Shaw und Anna wird natürlich nichts, denn das Dienstverhältnis eines Mannes, wie Shaw, endet erst, wenn er in einer Holzkiste liegt und Anna hat das große Pech, dass Mr. Creel ihren Arbeitgeber in seine Planspielchen einbezieht und die gesamte Belegschaft massakriert. Auch Anna … und das nimmt Shaw sehr persönlich und gemeinsam mit der Journalistin Katie beginnt die tödliche Jagd nach Nicolas Creel und die Rettung der Menschheit vor einem Dritten Weltkrieg.

David Baldacci hat das Thema der Manipulation der Massen aufgegriffen und wie man mit gezielter Desinformation (und dem nötigen Kleingeld) ganze Völkerscharen und deren Regierungen beeinflussen kann. In dieser Hinsicht ist Die Kampagne auf fast 480 Seiten ein beängstigendes Beispiel, wie schnell über globale Netzwerke wie Facebook, Youtube und Co falsche Informationen verbreitet werden könn(t)en, dessen Auswirkungen im Endeffekt auch einen militärischer Kraftakt zur Folge haben könnten.

Dem Leser bleibt aber kaum Zeit, um sich auch über diese Konsequenzen internationaler Meinungsmache klar zu werden, denn in erster Linie ist der Autor damit beschäftigt, kräftig auf die Tränendrüsen zu drücken und die Adrenalinzufuhr zu verstärken. Shaw ist der brave Killer, und Creel ist der böse Killer, und die Fronten zwischen den Supermenschen sind klar abgesteckt. In typischer Hollywoodmanier geht es hier ans Eingemachte. Die Spannung lebt von Action und der geistigen Pyrotechnik im Kopf. Die simpel gestrickte Handlung, bei der die Kugeln aus allen Richtungen ihr Ziel suchen, macht richtig anspruchslosen Lesespaß. Das ist amerikanischer Mainstream der guten Sorte, der selbst dem schlichten Gemüt gefällt. Es wird wohl nur eine Frage der Zeit sein, bis die Verfilmung dieses Actionthrillers ins Kino kommt.

Baldacci versteht sein Handwerk und der Übersetzer offensichtlich auch, denn hier hakt es nirgendwo und die Spannung kommt ordentlich auf Touren. Geradlinig, schnörkellos und von Anfang bis Ende unterhaltsam, was nicht nur RTL-Crime zu einer Empfehlung veranlasste, sondern auch von mir für alle Freunde leichter Actionkost mit einer eindeutig positiven Wertung beurteilt wird.

Atomuhr - Kalender
Zurück zum Seiteninhalt